© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/08 28. März 2008

"Ich fordere nur Gerechtigkeit"
Demographie: Weil ihn die finanzielle Belastung der Familien umtreibt, hat ein Vater 682 Politiker angeschrieben und die Antworten im Internet veröffentlicht
Hannes Kiebler

Die demographische Entwicklung in Deutschland gibt seit Jahren Anlaß zur Sorge. Damit sich das ändert, hat der Informatiker und Familienvater Martin Hiemesch im Internet eine Seite mit dem programmatischen Titel "Gerechtigkeit für Familien" eingerichtet. Seine Forderung: Familien mit Kindern müssen endlich finanziell entlastet werden. Er empfinde es als ungerecht, wenn Eltern finanzielle Nachteile in Kauf nehmen müssen, um die Grundlage des deutschen Volkes zu erhalten.

Um sein Ziel zu erreichen, wendet sich Hiemesch in großem Stil an Politiker und fordert sie zu Stellungnahmen auf - bislang hat er 682 Abgeordnete in ganz Deutschland angeschrieben. Die Antworten der Volksvertreter dokumentiert er auf seiner Internetseite. Er möchte damit die Bürger anregen, ebenfalls das Gespräch mit ihren Abgeordneten zu suchen, um das Bewußtsein für dieses Problem zu schärfen. Das Problembewußtsein der Politiker hält sich bislang in Grenzen: Von den angeschriebenen Abgeordneten haben 613 noch nicht geantwortet. Von den eingegangenen Antworten dürften Hiemesch viele nicht gefallen: So stieß etwa seine Forderung nach mehr "eigenen Kindern" auf Kritik. Heidrun Bluhm von der Linksfraktion im Bundestag fragte: "Was sind 'eigene' Kinder für Sie? Ich finde, Kinder braucht das Land, egal ob leibliche, adoptierte oder Kinder von Migrantinnen und Migranten, die in unserem Land leben wollen."

Und die Bundestagsabgeordnete Antje Blumenthal (CDU) stört sich schon an der Frage. "Ich spreche mich ganz deutlich dagegen aus, demographischen Wandel an sich als Problem zu betrachten." Hiemeschs Engagement, ausgelöst durch ein Papier der hessischen Landesregierung, in dem es heißt: "Ohne eine radikale familienpolitische Strukturreform des Sozialstaates ist der kulturelle, wissenschaftliche und soziale Niedergang Deutschlands vorprogrammiert", ist dadurch nicht zu bremsen.

Er versichert gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, daß er "Kinderlose nicht diskriminieren" möchte, sondern nur "Gerechtigkeit für Familien" erreichen wolle. Als Familie definiert er "alle die Menschen, die mit Kindern zusammenleben oder bei denen eine Unterhaltspflicht für Kinder besteht". Der Staat dürfe keinen Lebensentwurf bevorzugen oder benachteiligen, was der Fall sei, wenn kinderreiche Familien die Grundlage der Zukunft finanzieren. In dieser Frage sei Gerechtigkeit zu erreichen, wenn die Gesellschaft sich die Kosten für Kinder durch einen "Familienlastenausgleich" teile.

Hiemesch hat sich Gedanken darüber gemacht, wie dieser aussehen könnte. Er stellt zwei Lösungsansätze vor. Die erste Lösung strebt die Umverteilung der "Kinderexistenzkosten" von den Familien auf die Gesellschaft durch Steuern an. Das bedeutet, daß Eltern pro Kind und Monat den fest definierten Betrag, den ein Kind kostet, aus Steuermitteln erhalten - quasi ein Kindergeld in XXL. Die zweite Lösung, die er in Erwägung zieht, setzt bei der Rente an. Da Kinder eine Altersvorsorge für die Gesellschaft sind, sollen Eltern mehr Rente bekommen. Damit würden die Ausgaben für Kinder ähnlich behandelt wie Zahlungen in die Rentenkasse.

Seine Forderungen begründet Hiemesch damit, daß junge Generationen die Grundlage der Existenz auch der alten Generationen sei. Er betont, daß er "keine Kinderförderung" anstrebe, sondern eine bestehende "Benachteiligung der Familien beenden" möchte.

Einwanderung als Lösung für demographische Probleme verwirft Hiemesch mit den Worten: "Deutschen Familien das Leben schwer zu machen und dafür Migranten zu fördern, geht nicht." Einwanderung habe es immer gegeben, "aber um die fehlenden Kinder zu ersetzen bräuchten wir irrsinnig hohe Zahlen".  Außerdem sei das eine Ausbeutung der Migranten, da diese dann die Kinder finanzieren würden. "Der Wert der Familie muß anerkannt werden", sagte er auf die Frage, ob der finanzielle Ansatz genüge, um das Problem zu lösen. Es sei auch ein Umdenken in der Gesellschaft gefragt, das Kinder und Familie positiv und als Quelle des Glücks ins öffent- liche Bewußtsein rücke.

Auch wenn sich seine Lösungsvorschläge auf den finanziellen Aspekt beschränken und seine Forderung nach Kompletterstattung der Kosten für Kinder sehr weit gehen, trägt Martin Hiemesch dazu bei, die Möglichkeiten zu nutzen, die uns unser Staat bietet, um Politiker beim Wort zu nehmen. "Politiker müssen Farbe bekennen und dürfen sich nicht hinter Fraktionen verstecken", sagte er der JF.           

Mehr Informationen zum Thema unter www.gerechtigkeit-fuer-familien.de

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