© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/08 25. April 2008

Nur britische US-Propaganda
"Times" enttarnte Kriegslügen
Günther Deschner

Ende März 2007 hatte der iranische Küstenschutz 15 britische Marinesoldaten festgenommen. Teheran warf ihnen vor, in iranische Gewässer eingedrungen zu sein. London erklärte, seine Soldaten hätten sich "ohne jeden Zweifel" in irakischen Gewässern befunden. Es gab große Aufregung, und nach zwei Wochen kamen die Briten wohlbehalten frei.

Vor allem US-Scharfmacher hatten damals die Gelegenheit genutzt, den Iranern zu zeigen, "wie sich der Globus dreht". Neocons wie Michael Ledeen hatten den Briten "Feigheit vor dem Feind" vorgeworfen. Statt "einzuknicken", wäre es angezeigt, als Akt legitimer Selbstverteidigung symbolische Ziele des "politisch-militärischen Komplexes" des Iran zu bombardieren. Der US-Republikaner Newt Gingrich hatte London sogar geraten, Einrichtungen der iranischen Ölindustrie zu zerstören. In Anbetracht der Zweifel, die schon damals von britischen Seerechtsexperten geäußert worden waren (JF 16/07), war es ebenso lächerlich wie brandgefährlich, wie der Seezwischenfall aufgebauscht wurde.

Wie berechtigt die Zweifel waren, wurde jetzt von der Londoner Times bestätigt. Am 17. April zitierte das Blatt aus einem Geheimbericht des britischen Verteidigungsministeriums vom 13. April, der zu dem Schluß kommt: "Die Briten wurden gefangengenommen, weil die US-geführte Koalition in einem Seegebiet, das schon seit einem Vertrag von 1639 zwischen dem Osmanischen und dem Persischen Reich umstritten ist, einseitig eine Seegrenze für Irans Territorialgewässer festgelegt hat, ohne der iranischen Seite mitzuteilen, wo." Jene Grenze, die Verteidigungsminister Des Browne darstellte, war demnach nichts anderes als eine von der US-Marine erfundene Linie. Sie gaben ihr die Bezeichnung "Iraq/Iran Territorial Water Boundary". Dem Iran wurde "seine" Grenze zum Irak nicht einmal mitgeteilt.

Nie wird soviel gelogen wie vor und im Krieg. Iraks "Massenvernichtungswaffen" sind noch präsent. Präsident Lyndon B. Johnson begründete 1964 mit dem "Zwischenfall im Golf von Tonkin" die US-Intervention in Vietnam. Mancher Beobachter fragt nun besorgt, ob die "Zwischenfälle" und Lügen in der Golfregion den Falken im US-geführten Lager nicht auch dazu dienen sollen, die Gefährlichkeit der Iraner erneut ins Bewußtsein zu rücken.

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