© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/08 02. Mai 2008

BND-Affäre
Derangierter Dienst
von Günther Deschner

Angesichts der Tatsache, daß die Daten der Bundesbürger inzwischen unbeschränkt abgegriffen und sogar nach Übersee geliefert werden, wirkt die Aufregung über einen Lauschangriff des BND gekünstelt. Der hatte 2006 im PC eines Talibanverdächtigten afghanischen Politikers einen "Trojaner" platziert. Dabei blieb aber auch die E-Post einer Spiegel-Journalistin mit dem Minister hängen. Deren Korrespondenz war offenbar so spannend, daß die Fahnder vergaßen: Die Ausforschung Deutscher ist für den Auslandsgeheimdienst tabu - für Journalisten gilt dies doppelt. Peinlich, daß das Mitlesen kurz nach Vorlage jenes Parlamentsberichts begann, der die jahrelange Ausspähung von Journalisten verurteilt hatte. "Nie wieder!" hatte der BND damals gelobt.

Daß die BND-Führung nicht das Parlamentarische Kontrollgremium informierte und daß alles durch einen anonymen Brief aus den eigenen Reihen aufflog, zeigt, wie derangiert der Dienst derzeit ist. Unter dem unprofessionellen Zwang zur "Transparenz" und unter der Besserwisserei von "Geheimdienstexperten" hat die Zuverlässigkeit des Dienstes gelitten. Die grüne Fraktionschefin Renate Künast fordert sogar unangekündigte Razzien beim BND - so als handle es sich bei der sensiblen Geheimdienstarbeit um einen Gammelfleischskandal.

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