© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/08 02. Mai 2008

Etwas ist faul im Staate Dänemark
... aber um Deutschland und Österreich steht's noch schlimmer: Politiker reden einer Verkehrssprache Englisch das Wort
Thomas Paulwitz

Alle österreichischen Bundesländer haben sich einer europaweiten Initiative des Landes Hessen angeschlossen, die dabei helfen soll, die deutsche Sprache in der Europäischen Union (EU) zu stärken. Alle? Leider nicht. Der Bürgermeister und Landeshauptmann Wiens, Michael Häupl (SPÖ), erklärte der Hessischen Staatskanzlei im Pluralis majestatis, daß "wir ... überzeugt [sind], daß die Zukunft einer effizienten und effektiven Kommunikation innerhalb der Institutionen einer erweiterten Europäischen Union nur in der Herausbildung einer gemeinsamen Verkehrssprache liegen kann". Deutsch, die Sprache in der EU mit den meisten Muttersprachlern und als Fremdsprache immer noch verbreitet, sieht Häupl offensichtlich als ungeeignet an, in der EU eine Rolle zu spielen.

So deutlich sprachen es die zehn deutschen Bundesländer, die ebenfalls nicht unterschrieben, zwar nicht aus. Doch wenn die deutschsprachigen Gebiete Europas nicht mit einer Stimme sprechen und nicht geschlossen für ihre Sprache eintreten, sondern wenn manche von ihnen sogar einer Verkehrssprache Englisch das Wort reden, braucht sich niemand über die schlechte Stellung der deutschen Sprache in der EU zu wundern.

Wenn die Autonome Provinz Bozen-Südtirol, die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens oder der Kreis Hermannstadt in Rumänien dem Aufruf aus Hessen folgen, aber Berlin und Wien nicht, dann ist etwas faul im Staate Dänemark. Ach ja, Dänemark. Dort hat eine Untersuchung ermittelt, wohin sprachliche Unterwürfigkeit führen kann. Der Dänische Sprachrat (Dansk Sprognævn), der dem Kopenhagener Kulturministerium untersteht, hat herausgefunden, daß an den Universitäten, an denen fast vollständig auf englisch gelehrt wird, das fachliche Niveau sinke. Sowohl Professoren als auch Studenten beherrschten die englische Sprache unzureichend, so daß das Wissen nicht angemessen vermittelt, geschweige denn erworben werden könne. Nun setzt sich der Dänische Sprachrat dafür ein, den Unterricht auf dänisch im Hochschulgesetz zu verankern. Dänemark will also weg von einem Zustand, auf den Deutschland gerade zusteuert.

 

Thomas Paulwitz ist Schriftleiter der viermal im Jahr in Erlangen erscheinenden Zeitung "Deutsche Sprachwelt".

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