© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/08 09. Mai 2008

Null Toleranz gegenüber Illegalen und Kriminellen
Italien: Mit dem Postfaschisten Giovanni Alemanno übernimmt erstmals seit 1945 wieder ein ausgewiesener "Rechter" das Bürgermeisteramt in Rom
Paola Bernardi

Da stand er nun mit Frau und Sohn auf der winzigen Terrasse, und sein Blick wanderte über ein überwältigendes Panorama: ein antikes Ruinenfeld mit Marmorsäulen, die in der Sonne aufschimmern, mit kaiserlichen Triumphbogen und den Resten der Prachtpaläste auf dem Palatin. Giovanni Alemanno, der neue Bürgermeister von Rom, war sichtlich gerührt. Als Hobby-Gipfelstürmer kennt "Gianni" die Berge des Himalaya, doch diese Aussicht, die sich ihm nun täglich aus seinem Arbeitszimmer auf dem Kapitol bietet, übertrifft alles.

Um diesen "Gipfel" zu erreichen, mußte der 50jährige Postfaschist schwer kämpfen. In den Umfragen lag sein Gegner, Vizepremier und Kulturminister Francesco Rutelli von der postkommunistisch-linkskatholischen Demokratischen Partei (PD), klar vorn. Das linksliberale Lager wurde nicht müde, Alemanno mit seiner militanten Vergangenheit im Fronte della Gioventù (FdG), der Jugendorganisation des Mussolini-nostalgischen Movimento Sociale Italiano (MSI), zu brandmarken. Acht Monate verbrachte der schlagkräftige Offizierssohn aus Bari wegen eines Molotow-Cocktail-Wurfs gegen die Sowjetbotschaft in Haft.

Dennoch kam er in der Stichwahl Ende April auf 53,5 Prozent. Mit dem Spitzenpolitiker der Mitte-Rechts-Partei "Volk der Freiheit" (Bündnis von Silvio Berlusconis Forza Italia und der postfaschistischen Alleanza Nazionale/AN) übernimmt erstmals seit 1945 ein ausgewiesener "Rechter" wieder das Ruder in der Hauptstadt. "Eine lange Schlacht ist mit einem Sieg zu Ende gegangen", erklärte er noch in der Wahlnacht. Nun wolle er als Bürgermeister aller Römer regieren. "Heute hat nicht eine politische Seite, sondern ganz Rom gewonnen." Sein erster Gruß ging an Papst Benedikt XVI., AN-Anhänger feierten mit "Rom ist frei" und Nationalflaggen auf dem Kapitol, Taxifahrer veranstalteten die ganze Nacht lang Hupkonzerte.

AN-Chef Gianfranco Fini sprach von einem "historischen Ereignis". Der designierte Premier Berlusconi (JF 18/08) gratulierte ihm mit den Worten: "Dank dieses Sieges in Rom ist unser Wahlerfolg komplett."

Das römische Wahldebakel ist für die italienische Linke besonders bitter, denn Alemanno kommt "von ganz rechts". Der einstige FdG-Chef heiratete 1992 Isabella Rauti, Tochter von Pino Rauti, dem langjährigen MSI-Chef, mit der er einen 12jährigen Sohn hat. Der Duce-Verehrer Rauti verweigerte sich 1995 der Transformation des MSI in die AN. Er gründete seinen Movimento Sociale - Fiamma Tricolore, der derzeit mit Luca Romagnoli einen EU-Parlamentarier stellt. Obwohl Alemanno Fini in den AN folgte, unterstützte Rauti seinen Schwiegersohn weiter. Denn auch in der AN, die mit Berlusconi an die Regierung kam, vertrat der sozial-konservative Verehrer von Papst Johannes Paul II. altrechte Positionen. Zuletzt bekleidete der Agraringenieur, Slow Food-Freund und Gentechnik-Skeptiker das Amt des Landwirtschaftsministers.

Vor allem seine law and order-Haltung brachte ihm den Sieg. Seine versprochene Politik der "null Toleranz" gegenüber illegalen Einwanderern und Kriminellen ließ alle traditionell "roten" Vorstädte an ihn fallen. Denn die meisten Römer sind es satt, Tag für Tag zu erleiden, wie Rom zur Hauptstadt der Kleinkriminalität in Europa geworden ist und wie die Ewige Stadt nicht nur an der Peripherie verwahrlost. Sicherheit und Ordnung ist Alemannos Thema: angefangen von den illegalen Barackensiedlungen der rumänischen Zigeuner bis hin zu Prostituierten an den Einfahrtsstraßen der Stadt.

Bei den Linken herrscht indes schiere Verzweifelung: "Alle haben mich in Stich gelassen", klagte Rutelli öffentlich. Auch in den Salons und Palazzi von Rom hängen Trauerfahnen - war doch der smarte Rutelli mit seiner Frau, der Starjournalistin Barbara Palombelli, ein gern gesehenes Paar bei römischen Feierlichkeiten der High Society.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen