© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/08 09. Mai 2008

UMWELT
Zerrissen und absorbiert
Volker Kempf

Moderne Teleskope bringen mehr Licht ins Dunkel denn je, zumindest für das menschliche Auge. So hat das Weltraumteleskop Spitzer ein neues Foto vom Sternenhaufen Omega Centauri gemacht. Dieses Cluster aus Millionen von Sonnen ist einer von etwa 150 Kugelsternhaufen, die unsere Milchstraße umkreisen. Aber Omega Centauri ist etwas besonders. Die meisten anderen dieser Objekte sind Relikte aus der Urzeit unseres fast 14 Milliarden Jahre alten Universums. Ihre Sterne sind vor rund zwölf Milliarden Jahren entstanden, aber eher klein. Darum verbrennen sie ihre Materie langsam und werden sehr alt. Schwere Elemente können sie im Laufe ihrer Existenz nicht bilden. Daher bestehen Kugelsternhaufen gewöhnlich aus leichten Elementen wie Wasserstoff und Helium.

Nicht so Omega Centauri. Seine Sterne sind mitunter jung und groß, so daß sie ihre Materie rasch verbrennen. Am Ende explodieren sie, wobei auch schwere Elemente wie Metalle entstehen. Die Existenz dieser Metalle kann man aus dem Omega-Centauri-Licht herauslesen. Astrophysiker gehen davon aus, daß es sich bei Omega Centauri um Reste einer Galaxie handelt, die unsere Heimatgalaxie zerrissen und absorbiert hat. Bemerkenswerte Neuigkeiten aus der interstellaren Umwelt sind das, weil damit ein Baustein mehr über die Frage nach unserer Herkunft erkennbar wird. Aber bei allen Detailkenntnissen werden damit nur wieder die alten Fragen virulent: Wo kommen wir her? Was ist der Sinn des Ganzen? Warum sind wir überhaupt? Diese Fragen mahnen zur Bescheidenheit, die die Menschen gegen ihren Größenwahn oft nötig haben. Omnipotent und allwissend ist niemand, sondern letztlich jeder nur ein kleines Licht.

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