© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

Zeitschriftenkritik: G/Geschichte
Die Massen klatschen Beifall
Werner Olles

Die populärwissenschaftliche und von den Kultusministern empfohlene monatlich erscheinende Zeitschrift G/Geschichte beschäftigt sich in ihrer aktuellen Ausgabe mit dem "Aufstieg und Fall des Duce". Mussolinis Auftritte waren ein durchinszeniertes Polittheater, das die Massen beeindruckte und mitriß, die bestehende politische und gesellschaftliche Ordnung außer Kraft setzte und an ihrer Stelle ein "neues Italien" begründete. Der Beifall der Massen und die "Abstimmung mit den Füßen", die jede Kritik zum Schweigen brachten, wurden schließlich selbst zur Legitimation von Herrschaft.

Mit dem Marsch auf Rom begann 1922 die faschistische Epoche, die mit dem "neuen Italien" die Größe und den Ruhm des römischen Imperiums wieder aufleben lassen wollte. Nicht wenige ausländische Staatsmänner und hochrangige Politiker waren durchaus beeindruckt von der Tatkraft und dem Charisma Mussolinis, der sich den Italienern in den verschiedensten Rollen präsentierte: als wortgewaltiger Redner vor antiker Kulisse, strenger Lehrer des Volkes, schlichter Landarbeiter in den trockengelegten Pontinischen Sümpfen, mächtiger Imperator mit altrömischen Machtinsignien, Mann der Technik, vitaler Sportler oder treusorgender Familienvater. So lobte Churchill die "persönlichen Beziehungen, die stets spontan und herzlich waren", und bezeichnete ihn als "großen Mann", während König Viktor Emanuel II. ihn "wirklich gediegen" nannte: Er habe "den Willen, etwas zustande zu bringen und es gut zu machen".

Interessant ist auch, daß der Antisemitismus im Faschismus lange keine Rolle spielte und viele Juden sogar zu den "Gründungsvätern" der Bewegung zählten. Erst nach der Entstehung der Achse Berlin-Rom schwenkte der Duce langsam auf einen antisemitischen Kurs ein und erließ im Laufe des Jahres 1938 einige diskriminierende Maßnahmen wie den Ausschluß jüdischer Mitglieder aus der Faschistischen Einheitspartei und das Verbot von Mischehen. Als Mussolini nach seinem Sturz 1943 zur Marionette Hitlers herabsank, kam es schließlich zu einer für die italienischen Juden verhängnisvollen Kollaboration zwischen dem Nationalsozialismus und der von ihm abhängigen Republik von Saló. Daß Mussolini trotz der sich deutlich abzeichnenden Katastrophe auch um den Preis von Macht und Leben bis zum bitteren Ende an dem ungeliebten Partner festhielt, besiegelte letztlich seinen Untergang.

Über die Pionierarbeit der deutschsprachigen Einwanderer ("Jeckes") im damaligen Palästina berichtet ein Beitrag zu Israels 60. Gründungsjubiläum im Mai dieses Jahres. Zwar kamen die meisten deutschen Juden (etwa 60.000) vor allem zwischen 1933 und 1939 ohne jede Vorbereitung ins "Gelobte Land" und taten sich zudem schwer, ihre aus Deutschland mitgebrachten Verhaltensweisen und Gewohnheiten zu leugnen, doch die jüdische "Schmelztiegelpolitik" erwartete von allen Einwanderern, die Kennzeichen ihrer alten Kultur abzulegen und die neue hebräische Kultur zu verinnerlichen. So gerieten die Emigranten in ein Spannungsfeld zwischen dem von den anderen Einwanderern praktizierten Zionismus und ihrer Liebe zur alten Heimat, leisteten mit ihren "preußischen Tugenden" aber einen großen Beitrag zum Aufbau des Landes.

Anschrift: Sailer Verlag, Lina-Ammon-Str. 30, 90471 Nürnberg. Das Einzelheft kostet 4,30 Euro, ein Jahresabo 45,60 Euro. Internet: www.g-geschichte.de

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