© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

Meldungen

Pfitzner: Kein Kandidat für die Rumpelkammer

STUTTGART. Ohne den kleinsten kalendarischen Anlaß war 2007 ein Pfitzner-Jahr. Ingo Metzmacher führte am Tag der deutschen Einheit Hans Pfitzners "Von deutscher Seele" auf (JF 42/07), begleitet von einem politisch korrekt erbosten Feuilleton. In München konnte die Jüdische Gemeinde in letzter Minute ein Konzert mit dem "Streichsextett" verhindern. Wenig erstaunlich, daß dann empfohlen wurde, man solle sein Werk in der "Rumpelkammer hinter ein paar verschlissenen Hakenkreuzfahnen verschimmeln lassen". Gegen die sonst so verfemte, hier aber plötzlich für opportun geltende Neigung zum "Schlußstrich" interveniert Jens Malte Fischer, der in seiner Merkur-Musikkolumne (4/08) am "Fall Pfitzner" die DDR-Niveau erreichende, prosekutorische Selektion des "kulturellen Erbes" aufs Korn nimmt. Pfitzner sei wie Schopenhauer und Wagner kein Freund der Juden, aber eben auch kein "Rassenantisemit" gewesen. Dem "verbohrten Deutschnationalen" könne man daher nur "punktuelle Affinität" zur NS-Ideologie nachsagen. Die Musik des "elitären Misanthropen" habe sich zudem nie zur Verwertung für die "NS-Festkultur" geeignet. Von ihm gebe es auch keine "Auftragsmusik für die Herrschenden" (FAZ). Die vielzitierte und bis heute nie gespielte "Krakauer Begrüßung" für seinen Mäzen Hans Frank sei auf "private Anregung" entstanden.

 

Der Wertewandel im evangelischen Pfarrhaus

STUTTGART. Das "evangelische Pfarrhaus" komme im repräsentativen Werk von Etienne Francois und Hagen Schulze über "Deutsche Erinnerungsorte" zu kurz. Dem will Frank-Michael Kuhlemanns Versuch abhelfen, die Originalität protestantischer Geschichtspolitik zu profilieren (Zeitschrift für Kirchengeschichte, 1/08). Auf das 20. Jahrhundert fixiert, die Reaktionen der evangelischen Kirchen nach 1918 und 1945 vergleichend, gelangt Kuhlemann zur wenig originellen Feststellung, daß es dem deutschen Protestantismus nach Hitler gelungen sei, sich aus den "mentalen Strukturen eines nationalkonservativen Milieus" zu lösen, wie es in Weimarer Zeiten dominierte. Wesentliche Impulse dafür verdanke man der "Stuttgarter Schulderklärung" und der Bereitschaft, "konkret begangene historische Schuld" einzugestehen. Wie dieser Gesinnungswandel nun zur "musealen Darstellbarkeit" verfestigt werden könnte, um so "Werteorientierung" in "Erinnerungsorten" zu vermitteln, verrät Kuhlemann nicht.

 

Erste Sätze

Ein junger Mann stürmt den Burstah entlang.

Hans Fallada: Bauern, Bonzen und Bomben. Berlin 1931

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