© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

Todesangst in Tibet: Unterwegs in einem geknebelten Land
Getarnt als Tourist und mit versteckter Kamera
Christian Dorn

Geschichte muß sich - mit Blick auf die Olympischen Spiele von 1936 - nicht als Makel wiederholen, sie vollzieht sich zuweilen als verstecktes Drama hinter der Bühne der Weltöffentlichkeit. Deutlich wurde dies im "Reich der Mitte" nach den jüngsten Unruhen in der Provinz Tibet, die seit 1950 von China besetzt ist und in der - so das weltliche und religiöse Oberhaupt der Tibeter - ein "kultureller Genozid" begangen wird. Vor diesem Hintergrund forderte kürzlich der NDR-Chefredakteur und ARD-Verantwortliche für die China-Berichterstattung, Andreas Cichowicz, daß "wir unsere Scheinwerfer auf die dunklen Seiten von China richten".

Genausogut könnten diese zudem auf den Politikbetrieb des roten Berlin gerichtet werden, wo vergangene Woche der Dalai Lama von Bürgermeister Klaus Wowereit keine Einladung erhielt - weilte doch parallel Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) in Peking.

Nimmt man die Forderung des China-Verantwortlichen der ARD beim Wort, scheint es nur folgerichtig, daß auch aus seinem Hause die Reportage "Todesangst in Tibet - unterwegs in einem geknebelten Land" stammt. Nachdem der blutige Aufstand in Tibet weltweite Proteste gegen den Fackellauf ausgelöst hat, erscheint es nun als ein um so groteskeres Schauspiel, wenn das olympische Feuer Ende Juni durch das unterjochte Tibet getragen wird. Diese Dokumentation  ist allein schon deshalb spannend, weil sie von einem jungen Exil-Tibeter stammt, der selbst vor elf Jahren über die eisigen Hänge des Himalaya aus Tibet geflohen war. Getarnt als Tourist, ist er mit einem Kamerateam in seine Heimat zurückgekehrt. Seine verdeckt gedrehte Reportage mit Folteropfern, Zwangssterilisierten und Zwangsumgesiedelten läßt ahnen, warum die Geduld der Tibeter mit China am Ende und das olympische Feuer zum Blitzableiter geworden ist.

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