© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/08 06. Juni 2008

Präsidentschaftswahlen in den USA
Kulturbruch
von Jörg Fischer

Indira Gandhi, Isabel Perón, Margaret Thatcher, Benazir Bhutto, Tansu Çiller, Tarja Halonen, Angela Merkel, Julia Tymoschenko - weibliche Staats- oder Regierungschefs waren und sind auch ohne gender mainstreaming nichts Ungewöhnliches. Selbst eine Hillary Clinton hätte im Weißen Haus keinesfalls einen Kulturbruch bedeutet. Sollte hingegen Barack Hussein Obama am 4. November zum 44. Präsidenten gewählt werden und dieses Amt auch vier Jahre führen, dann wäre dies wirklich eine Zäsur in der 220jährigen US-Geschichte: der 46jährige paßt in keine bisherige Rassen- oder Klassenschublade.

Sein muslimischer Vater war kein Nachfahre schwarzer Sklaven, sondern ein Akademiker aus Kenia. Obama wuchs wohlbehütet bei seinen weißen Großeltern auf Hawaii auf. Der Harvard-Absolvent kennt die Schwarzen-Ghettos nur aus der Anwaltsperspektive. Als Senator zeigte er sich als linksliberaler US-Demokrat. Außenpolitisch ist sein Nein zum Irak-Krieg verbürgt - ansonsten rätselt man von New York bis Peking über seinen Kurs. Angesichts dessen kann Obama weder auf das big money der Wall Street noch die ressentimentgeladenen weißen blue-collar workers oder gar die christliche Rechte zählen. Ob der nach acht Jahren Bush jr. weitverbreitete Wunsch nach change ausreicht, um John McCain zu schlagen, bleibt abzuwarten.

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