© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/08 06. Juni 2008

"Antimuslimische Aktivistin"
Österreich: Der Wiener SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi verhindert Rede der deutschen Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher / "Einsatz für die Scharia"
Fabian Schmidt-Ahmad

Oberflächlich betrachtet ist Omar Al-Rawi ein Musterbeispiel für die Integration zweier fremder Kulturen: 1961 in Bagdad als Sohn einer Österreicherin und eines Arabers geboren, seit dreißig Jahren in Österreich lebend, Aktivist in der linken Hochschülerschaft, Zivildienst beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASBÖ), Bauingenieur, erfolgreicher Betriebsrat und seit 2002 für die SPÖ im Wiener Landtag und Gemeinderat.

Aber da er - obwohl österreichischer Staatsbürger - entsprechend den Regeln des Koran automatisch die Religion seines Vaters besitzt, wurde er 1999 Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) und Mitinitiator der "Initiative muslimischer Österreicher­Innen". Seinen SPÖ-Wahlkampf führte er unter dem Motto: "Wir Migranten brauchen uns nicht blindlings 'anzupassen'!"

Daher sollte niemanden überraschen, daß Al-Rawi vergangenen Monat dafür sorgte, daß die Leiterin des Instituts für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz, Christine Schirrmacher, von einer Veranstaltung des "Personenkomitees Aufeinander zugehen" in der oberösterreichischen Stadt Traun bei Linz kurzfristig ausgeladen wurde.

Doch diesmal hat Al-Rawi mit seinen Drohungen und Unterstellungen so ungeschickt agiert, daß er in der Alpenrepublik einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hat. So nannte der SPÖ-Politiker Schirrmacher eine bekannte "antiislamische und antimuslimische Aktivistin", gab aber auf Rückfrage von Journalisten nur den Klappentext des von Schirrmacher mitherausgegebenen Buches "Die Frauen und die Scharia" an. Dort heißt es: "Im Namen der Scharia werden Frauen beschnitten, zwangsverheiratet, vergewaltigt, eingesperrt, gesteinigt oder für die Ehre ermordet." Dies seien unzulässige Pauschalisierungen einer "Islamophobikerin", so Al-Rawi. "Ein Urteil über die Haltung einer Person aufgrund eines Klappentexts hingegen offenbar nicht", bemerkte die Wiener Presse dazu lapidar. Inzwischen sah sich Al-Rawi dazu genötigt, auf seiner Internetseite (www.omaralrawi.net) diese Position zu verteidigen.

So verlangt er einen "sensiblen Umgang mit dem Thema Islam und Muslime", da der Ort Traun "historisch belastet" sei. Erboste Bürger hätten nämlich auf einem Grundstück in Linz, das für den Bau einer Moschee vorgesehen ist, Schweinsköpfe auf Holzpflöcken aufgespießt.

Schirrmacher, die Professorin für Islamische Studien an der Evangelisch-Theologischen Fakultät (ETF) Löwen (Leuven/Flandern) ist, vermeint er weiter diskreditieren zu können, indem er auf ihre Verbindungen zu evangelikalen Kreisen hinweist: "Es ist zu befürchten, daß Frau Schirrmacher versucht, das gespannte Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu seinen muslimischen Bürgern nach Österreich zu importieren."

Auch Al-Rawis 1979 gegründete IGGiÖ ist nicht unumstritten. Denn zum einen fühlen sich in der von Sunniten dominierten Organisation andere islamische Gläubige unterrepräsentiert. Der Generalsekretär des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum (IIDZ), Günther Ahmed Rusznak, hat daher kürzlich sogar eine Klage auf Aberkennung als offizielle Religionsgemeinschaft eingebracht: "Die Glaubensgemeinschaft vertritt nur ein Prozent der österreichischen Moslems, weil Zehntausende Bosnier, Schiiten, Angehörigen der türkischen Kulturvereine ATIB und Aleviten dort nicht Mitglied sind", erklärte der 1995 zum Islam konvertierte Österreicher. Rusznak forderte eine staatliche Kontrolle für die IGGiÖ sowie deren "Demokratisierung".

Der Nahost-Experte Ahmed Hamed wirft der IGGiÖ sogar vor, ein Förderer der radikal-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas zu sein: "Die Führer der IGGiÖ sind im Hintergrund die großen Helfer der Hamas. Ich kenne kein Mitglied ihrer Führung, das nicht die Hamas unterstützt", warnte Hamed voriges Jahr in der Wiener Zeitung. Die Hamas wiederum beruft sich in ihrer Selbstdarstellung auf die Ideologie der arabischen Muslimbrüder, die von der Wiedererrichtung des Kalifats - auch auf europäischem Territorium - träumen.

So wird verständlich, warum Al-Rawi den Vortrag nicht hören wollte: "Vertreter des Islamismus suchen Einfluß in Universitäten und Politik, fordern die Gleichstellung mit den christlichen Kirchen und vermehrte Rechte oder Anpassungen der Gesetzgebung", stellt Schirrmacher in ihrem Redemanuskript fest. "Vorrangiges Ziel ist die gleichberechtigte Anerkennung des Islam in Europa, die Bekanntmachung und Durchdringung der westlichen Gesellschaft mit islamischen Werten sowie die Vereinnahmung der muslimischen Gemeinschaft für eine bestimmte Intepretation des Islam" - und sie beschreibt damit praktisch die politische Intension der IGGiÖ.

Diesem Primärziel schließe sich dann eine gesellschaftliche Umgestaltung an: "Der zweite Schritt ist der aktive Einsatz für die Werte der Scharia, die Unterbindung jeglicher Kritik an islamischen Werten und schließlich die Proklamierung der Scharia, der islamischen Ordnung, zunächst über die muslimische Gemeinschaft."

Schon vor Al-Rawis Attacke notierte Schirrmacher: "Bedenklich stimmt, daß manche islamischen Organisationen schon heute in Europa darauf drängen, daß nichts 'Negatives' mehr über den Islam veröffentlicht werden dürfe, da dies Diskriminierung bedeute - mit anderen Worten, alles, was nicht aus muslimischer Sicht geschrieben wurde, ist zu unterbinden".

Das Trauner Redemanuskript von Christine Schirrmacher für den 21. Mai findet sich im Internet: www.islaminstitut.de/fileadmin/_temp_/Islam_als_Herausforderung-Traun.pdf

Foto: Omar Al-Rawi

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