© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/08 13. Juni 2008

Wahlen
Volksparteien ohne Volk
von Dieter Stein

Sachsen hat gewählt. Es waren "nur" Kommunalwahlen. Doch sie machen deutlich, in welcher Krise die angestammten etablierten Parteien und das Parteiensystem stecken. Weniger als die Hälfte der stimmberechtigten Bürger ging überhaupt nur noch zur Wahl. Von den 45 Prozent, die überhaupt ihre Stimme abgaben, wählten 39 Prozent CDU und elf Prozent SPD. Damit haben die beiden Parteien, die in Berlin die Große Koalition stellen, hier nur mehr knapp die absolute Mehrheit erreicht. Radikale von links und rechts kommen zusammen auf 25 Prozent der Stimmen.

Die Bürger haben immer weniger das Gefühl, daß die Parteien noch die Interessen des Souveräns, des Volkes, wahren wollen. Kein Wunder, wenn sie notfalls Protest wählen oder dem Urnengang ganz fernbleiben. Jüngstes Beispiel einer volksfernen Politik: Der "Vertrag von Lissabon", jene verkappte EU-Verfassung, die Bundestag und Bundesrat kürzlich durchwinkten, entmachtet die nationale Verfassung in ihrem Kern, ohne daß das Volk gefragt worden ist. Ein kalter Putsch von oben. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, daß die Regierung Merkel am Ende ist. Gemeinsamkeiten sind aufgezehrt. Die Große Koalition will sich angesichts fallender Umfragewerte noch ein Jahr weiter durchschleppen. Ein harter Schnitt und Neuwahlen wären jetzt ehrlicher und würden für Klarheit sorgen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen