© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/08 27. Juni 2008

Parteien, Verbände, Personen

Bürger in Wut

Europaweite Volksabstimmungen über einen EU-Verfassungsvertrag, wie sie der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker nach dem irischen Nein vorgeschlagen hatte, sind bei der Wählervereinigung Bürger in Wut (BIW) auf Ablehnung gestoßen. Diese seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Sie setzten ein europäisches Staatsvolk voraus, das es aber nicht gibt und nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes auch nicht geben könne. "In seinem Maastricht-Urteil 1993 hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig festgestellt, daß die EU kein Bundesstaat, sondern nur ein Staatenverbund aus demokratischen Nationen ist", sagte der BIW-Vorsitzende Jan Timke. Nationale Volksabstimmungen müßten aber immer dann zwingend sein, wenn Souveränitätsrechte von substantiellem Gewicht an supranationale Gemeinschaften wie die EU abgetreten werden sollen.

 

Deutsche Polizeigewerkschaft

Die Deutsche Polizeigewerkschaft  hat an den Gesetzgeber appelliert, bei der Sicherheitsgesetzgebung sauber zu arbeiten und darauf zu achten, daß Gesetze mit der Verfassung im Einklang stehen. Der Bundesvorsitzende Rainer Wendt warnte davor, die in der Bundestagsdebatte artikulierten Zweifel am geplanten BKA-Gesetz zu ignorieren und es ohne ernsthafte Befassung durchzusetzen. Einige Bestimmungen müßten geändert werden, wenn man nicht erneut beim Verfassungsgericht scheitern wolle. Grundsätzlich sei es richtig, auch dem BKA Kompetenzen in der Abwehr von Terrorismusgefahren zu geben. "Erkenntnisse aus der 'Online-Durchsuchung' erst vom BKA selbst und erst später von Richtern begutachten zu lassen, ist inakzeptabel und dürfte auch in Karlsruhe scheitern", gab Wendt zu bedenken. Die Rechtfertigung der Bundesjustizministerin, es sei kein ausreichendes Personal bei den Gerichten vorhanden, nannte er "abenteuerllich".

 

FDP

Auf dem Hintergrund der Einigung auf Eckpunkte für eine Reform, die die Vorsitzenden der Föderalismuskommission II, Peter Struck und Günther Oettinger, kürzlich erzielt haben, forderte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Ernst Burgbacher ein Verbot von Neuverschuldungen. Eine "strukturelle Neuverschuldung" von 0,5 Prozent oder mehr führe den Staat in den Ruin und könne nicht beschlossen werden, so Burgbacher, der auch stellvertretender Vorsitzender der Föderalismuskommission II ist. Das Eckpunktepapier solle den Bundesländern mehr Steuerautonomie geben und für eine "anreizfreundliche" Neuregelung des Länderfinanzausgleichs sorgen.

 

Junge Union

Die Junge Union (JU) hat den Beschluß des SPD-Parteivorstands, die Altersteilzeitregelung zu verlängern, unter Verweis auf den drohenden Mangel an Fachkräften und die Krise der Rentenversicherung zurückgewiesen. Die Entscheidung für eine Verrentung mit 67 Jahren sei angesichts des "demographischen Wandels" notwendig und zukunftsweisend. "Die Altersteilzeit ist längst überholt", sagte der sozialpolitische Sprecher der JU, Marc Tenbücken, "die Altersteilzeitregelung wurde in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit eingeführt, um jungen Menschen den Weg in den Arbeitsmarkt zu ebnen". Heute müsse gelten: Eigenverantwortung vor Umverteilung. Wer früher aus dem Erwerbsleben scheiden wolle, solle das auch selbst finanzieren.

 

Mehr Demokratie e. V.

Der Verein Mehr Demokratie hat gefordert, das ablehnende Votum der Iren zu respektieren und den Ratifizierungsprozeß des EU-Reformvertrags zu beenden. Es bringe nichts, den gleichen Text neu zu etikettieren und den Bürgern wieder vorzulegen, sagte der Vorstandssprecher Gerald Häfner. "Das Gefühl, nichts zu zählen und von den Politikern nicht ernst genommen zu werden, stärkt allenfalls die Politikverdrossenheit und wird dazu führen, daß sich noch mehr Bürger enttäuscht abwenden", kommentierte Häfner die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Ratifizierung unbedingt fortzusetzen.

 

Naturschutzbund Deutschland

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat die aus seiner Sicht viel zu geringen Anstrengungen der Bundesregierung kritisiert, den Energieverbrauch von Autos, Elektrogeräten und Gebäuden deutlich zu senken. Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller kritisierte vor allem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der die Bemühungen des Bau- und Umweltministeriums blockiert habe, Mietminderung zu ermöglichen, wenn der Gebäudeeigentümer keine energetische Sanierung vornehme. "Auch die Verschiebung der Kfz-Besteuerung nach Kohlendioxid-Ausstoß auf 2010 geht mit auf sein Konto", sagte Miller.

 

Türkische Gemeinde

Auf dem Bundeskongreß der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), der am Samstag in Berlin tagte, ist der 48 Jahre alte Kenan Kolat als Vorsitzender wiedergewählt worden. Der eingebürgerte Ingenieur wurde mit 105 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung ohne Gegenstimmen für eine zweite Amtszeit bestätigt. Viele Redner forderten in der Debatte eine Einstellungsquote für den öffentlichen Dienst von zehn Prozent für Ausländer. Die TGD vertritt die Interessen von rund 230 Vereinen und Verbänden und sieht sich zuständig für etwa 2,2 Millionen Türken in Deutschland, von denen 500.000 einen deutschen Paß besitzen.

 

Zentralrat der Muslime

Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, hat gleiche Chancen und mehr Förderung für islamische Einrichtungen bei der Betreuung von Kindern und Jugendlichen gefordert. Sein Eindruck sei, daß Wohlfahrtsverbände und Kirchen von dem "Kuchen" der öffentlichen Fördermittel nichts abgeben wollten. Dabei hätten Moslems seit mehr als 40 Jahren zum deutschen Steueraufkommen beigetragen. Mazyek betonte die Dringlichkeit für islamischen Religionsunterricht. Dieser sei in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert, doch nicht angemessen umgesetzt worden. "700.000 Schüler warten darauf", sagte der als liberal geltende Moslem.

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