© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/08 04. Juli 2008

Frisch gepresst

Carl Schmitt. Das kurze "Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber", das Carl Schmitt 1954 für ein Abendprogramm des Hessischen Rundfunks fingierte, hob sein Schüler Ernst Forsthoff in den Rang von Rankes "Politischem Gespräch" (1836), einem "klassischen" Text von auch nur zwanzig Seiten (Klett-Cotta, Stuttgart 2008, broschiert, 95 Seiten, 16 Euro). Dieser Vergleich ist zumindest insoweit zutreffend, wie Ranke und Schmitt elementare Begriffe prüfen, fragend umkreisen und "dialektisch" zu erfassen suchen. Das zwingt zum Fragmentarischen. So kümmert sich Schmitt um berühmte Vorgänger, etwa Max Weber, für den Macht die Chance war, jemandem innerhalb sozialer Beziehungen den eigenen Willen auch gegen dessen Widerstand aufzuzwingen, überhaupt nicht. Ihn fasziniert statt dessen der indirekte Einfluß derer, die den Zugang zum Machthaber kontrollieren, oder die im technischen Zeitalter sich formierende Macht als "eigenständige Wirklichkeit", der sich auch der Machthaber unterwerfen muß. Als "Zugang" zu Carl Schmitt empfehlen sich diese Reflexionen allemal, mit denen sich der Leser in einer von Gerd Giesler mit einem Nachwort zur Werkgeschichte und zur Rezeption versehenen Neuausgabe vertraut machen kann.

 

Westpreußen. Der jüngste, der 58. Band des Westpreußen-Jahrbuchs findet seinen Schwerpunkt in der Geistes- und Kulturgeschichte des Weichsellandes (Westpreußen-Verlag, Münster 2008, broschiert, 189 Seiten, Abbildungen, 15 Euro). Hans-Jürgen Kämpfert bietet einen leider viel zu kurzen Überblick zur 450jährigen Geschichte des Danziger Akademischen Gymnasiums. Jürgen W. Schmidt gewährt interessante Einblicke in die Bemühungen der preußischen Zentral- und Provinzialbehörden um die Sicherung prähistorischer Funde sowie die Erhaltung der Baudenkmäler vornehmlich aus der Ordenszeit. Schmidt steuert, als einen der wenigen Ausflüge ins Politische, auch eine spannende Rekonstruktion über "Nationalitätenkampf und Spionage" im viergeteilten Westpreußen der Zwischenkriegszeit bei. Den meisten Raum beansprucht jedoch eine Studie von Meinhold Lurz über die "Marienburg-Festspiele 1928-1937", die ab 1934 wegen ihrer stark antipolnischen Note ausgerechnet unter Dauerbeschuß des Goebbels-Ministeriums standen. Warum Lurz Max Halbe, der 1933 das Historiendrama "Heinrich von Plauen" über den Hochmeister des Deutschen Ordens und Marienburg-Verteidiger von 1410 lieferte, einen "der wenigen (nach 1933) in Deutschland verbliebenen Schriftsteller von Bedeutung" nennt, bleibt allerdings mit Blick auf Jünger, Benn, Lehmann, Weingeber, Loerke usw. sein großes Geheimnis.

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