© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/08 11. Juli 2008

"Vor dem Globalisierungs-Euro in die Knie gegangen"
Kroatien: Der dalmatinische Künstler Boris Šitum errichtet der D-Mark ein Denkmal / 100-DM-Schein war die "liebste und schönste Banknote"
Alexander Rüstau

Anläßlich des 60. Jubiläums der Währungsreform in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands ließ der Unternehmer Richard Rode auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerkes Borken in Nordhessen ein Denkmal für die Deutsche Mark errichten. Rode, selbst 66 Jahre alt, nahm das D-Mark-Jubiläum zum Anlaß, an die Erfolgswährung zu erinnern, die für ihn das deutsche Wirtschaftswunder symbolisiere. Die D-Mark habe ihn sein ganzes Leben lang begleitet, er habe ihr, wie viele Deutsche, viel zu verdanken. Es sei daher an der Zeit gewesen, ihrer würdig zu gedenken. Dem Euro steht Rode dagegen skeptisch gegenüber. Ihn empfinde er als "Teuro", früher sei es ihm besser gegangen.

Doch nicht nur in Deutschland war der Abschied von der Deutschen Mark zum 1. Januar 2002 mit Wehmut verbunden. In vielen ost- und südosteuropäischen Ländern hatte sich die D-Mark als Vergleichs- und Zweitwährung etabliert - so auch in Kroatien. Sie stand für Stabilität und Verläßlichkeit, als Symbol für Vermögen und Wohlstand.

Grundstücke, Häuser, Autos und andere Wertgegenstände wurden nicht in der einheimischen Währung Kuna, sondern zu DM-Preisen angeboten und verkauft. Kurz: Wer die Mark hatte, war wer in Kroatien. Und die Erinnerung an die frühere deutsche Währung ist bis heute lebendig. Selbst Kinder wissen, was "Dojčmark" bedeutet, und die in Deutschland von der Firma Giesecke & Devrient hergestellten kroatischen Kuna-Banknoten ähneln verblüffend den letzten DM-Noten.

Daher hat nun auch Kroatien sein eigenes Denkmal für die beliebte Deutsche Mark. Der 41jährige kroatische Künstler Boris Šitum stellte am Ortseingang seines Heimatortes Cista Provo (etwa 50 Kilometer nördlich von Split, nahe der Stadt Imotski) eine überdimensionale, aus Metall hergestellte Nachahmung einer alten 100-DM-Banknote auf. Für die gut dreieinhalbtausend Einwohner dieser Ortschaft im dalmatinischen Hinterland hat die D-Mark eine besondere Bedeutung: die Familien jener, die aus der Gegend um Imotski in den sechziger Jahren als erste den Schritt wagten, nach Deutschland zu gehen und dort ihr Geld zu verdienen, stammten aus Cista Provo - Grund genug für die Tageszeitung Jutarnji list, die Errichtung des Denkmals mit einem ausführlichen Artikel zu würdigen.

In dem Bericht wird zunächst die herausragende Bedeutung der Deutschen Mark für die Kroaten erwähnt. Die D-Mark habe Generationen ernährt und zu Wohlstand geführt, heißt es. Schließlich sei die Statuswährung "vor dem Globalisierungs-Euro in die Knie gegangen", zum Leidwesen der Deutschen, besonders aber auch der Kroaten. Von der Gelegenheit, das jetzt schon berühmte Šitum-Kunstwerk zu betrachten, haben bereits die Kinder und Enkel jener Gebrauch gemacht, die damals erschöpft und ausgelaugt die schwer, aber mit Liebe verdienten, ersehnten raschelnden "Hunderter" am Ende des Monats auf die Hand ausbezahlt bekamen. Und jetzt, so die Jutarnji list, verschönere die berühmte "Stotka", wie die 100-DM-Note in Kroatien genannt wird, den Ortseingang von Cista Provo. Alle sollen die "liebste und schönste Banknote" im Kreis Imotski bewundern.

Boris Šitum indes hofft, daß sein Kunstwerk, das nachts beleuchtet ist, auch durchreisende Deutsche nicht kaltläßt, sondern diese anhalten und das Denkmal fotografieren werden. www.oeaw.ac.at

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