© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/08 11. Juli 2008

WIRTSCHAFT
Konjunkturprogramm für Gerichtsprozesse
Klaus Peter Krause

Seit 1. Juli ist der Energieausweis (JF 15/08) auch für bis 1965 erbaute Gebäude Pflicht. Wer sich mit den technischen Tiefen der neuen Regulierung befaßt, der erkennt: Hier bahnen sich Rechtsstreite ohne Ende an. Zwar soll der Energieausweis ausschließlich der Information dienen. Rechtsansprüche auf eine Modernisierung lassen sich aus ihm nicht ableiten. Aber: Rechtsansprüche werden dennoch gestellt, Miet- und Kaufpreisminderungen verlangt werden. Hat sich der Eigentümer zum Modernisieren entschieden, kann er die Mieter zwar an den Investitionskosten beteiligen und die Miete entsprechend erhöhen, doch scheitert das in der Praxis oft daran, was Mietrecht und Rechtsprechung dazu im einzelnen vorschreiben, warnt der Eigentümerverband Haus & Grund. So können nur solche Betriebskosten umgelegt werden, die im Mietvertrag vereinbart sind.

Ist etwa der spätere Einbau einer Solaranlage dort nicht dokumentiert, kann der Eigentümer, wenn der Mieter seine Zustimmung verweigert, die Kosten für deren Betrieb nicht umlegen. Modernisierungsmieterhöhungen als Folge energetischer Sanierungen gelten inzwischen als juristischer Hochseilakt. Ohnehin ist auf vielen Wohnungsmärkten Spielraum für Mieterhöhungen praktisch nicht mehr vorhanden. Aber alles das schafft Zusatzbeschäftigung für Anwaltskanzleien und Gerichtspersonal. Ferner wird mit dem Energieausweis eine weitere Bürokratielawine losgetreten. Sie schafft Zusatzbeschäftigung für Behörden, die das Ganze schließlich zu überwachen haben. Das konterkariert das Bürokratieabbaugesetz und den Normenkontrollrat. Obendrein wird das Netz von bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeiten, das der Staat über seine Bürger wirft, dadurch immer noch dichter geknüpft.

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