© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/08 11. Juli 2008

Verdeckte Fortsetzung der psychologischen Kriegführung
Der Dokumentarfilm "Germany made in USA" zeigt erhellende Einblicke in die Umerziehungspolitik der USA im Deutschland nach 1945
Hans Joachim von Leesen

Jüngst jährte sich der 60. Jahrestag der "Frankfurter Dokumente" (JF 27/08), in denen die Westalliierten wesentliche politische Strukturen der späteren Bundesrepublik beschlossen. In dem Film "Germany made in USA" werden Beamte des amerikanischen Geheimdienstes "Office of Strategic Services" gezeigt, die darstellen, wie sie "das neue Deutschland schufen". Der Sender Phoenix präsentierte diese Sendung jüngst - jedoch fernab einer Publikumsreichweite im Mitternachtsprogramm.

Thomas W. Braden als führender Geheimdienstbeamter erläuterte, wie die CIA, seit 1947 die oberste Geheimdienstbehörde der USA, daran ging, aus Deutschland "wieder eine Kulturnation zu machen, und zwar eine nach amerikanischem Muster". Sie seien damit, so Braden, zu "Paten der Bundesrepublik Deutschland" geworden. Die Arbeit sei die "verdeckte Fortsetzung der psychologischen Kriegführung der USA gegen Deutschland" gewesen. Mit nahezu unbegrenzten Geldmitteln ausgestattet, hatten sie sich darangemacht, "noch vorhandene preußisch-deutsche Relikte" auszurotten und das in ihrem Machtbereich befindliche Deutschland nach dem Vorbild der USA umzugestalten.

Das Schwergewicht der Arbeit lag auf der Kultur. Dazu sollten die überall in der US-Besatzungszone eingerichteten "Amerika-Häuser" mit ihren umfangreichen Kulturprogrammen ebenso dienen wie die Etablierung eines amerikanischen Rundfunksenders in Berlin, des RIAS (Radio im amerikanischen Sektor). "Nazi-Künstler" sollten ausgeschaltet und ersetzt werden durch aus den USA entsandte Kulturschaffende. Als Beispiel wurde der Fall Wilhelm Furtwängler erwähnt. Stolz über seinen Erfolg berichtete der für die "Amerika-Häuser" zuständige CIA-Agent, der 1924 in Berlin geborene Hans Tuch, wie die Schulklassen in die amerikanischen Umerziehungshäuser geführt wurden.

Mit Hilfe des amerikanischen Geheimdienstes wurden auch die deutschen Gewerkschaften aufgebaut. Gelder in ungeheurer Menge liefen über ein "internationales Komitee für freie Gewerkschaften"; die führende Persönlichkeit war der Agent Jay Lovestone, ein früherer polnischer Kommunist. Aber die Gelder der CIA flossen nicht nur in die Gewerkschaften. Um den Deutschen zu helfen, "von den amerikanischen Grundsätzen zu profitieren", so der Film, wurden auch Politiker wie Carlo Schmid und Willy Brandt mit Geldern aus der amerikanischen Geheimdienstkasse versorgt.

Geld wurde auch eingesetzt, als 1952 der Bundestag den Schuman-Plan ratifizieren sollte und unter den Abgeordneten manch unsicherer Kantonist ausgemacht wurde. Nach dem Schuman-Plan sollte eine westeuropäische Hohe Behörde (Frankreich, Benelux, Italien sowie die Bundesrepublik Deutschland) die westeuropäische Kohle  und Stahlindustrie koordinieren (Montanunion). Manche Bundestagsabgeordneten fürchteten, daß durch diese feste Anbindung an den Westen eine angestrebte Wiedervereinigung schwer, wenn nicht unmöglich gemacht würde. Die Bedenken wurden von der CIA zerstreut, indem die schwankenden Abgeordneten mit einem bekömmlichen Handgeld ausgestattet wurden.

Deutsche Wiedervereinigungsträume paßten ganz und gar nicht in die Politik der USA. Der amerikanische Hochkommissar für Deutschland, John McCloy, hatte vielmehr den Auftrag, einen lebensfähigen westdeutschen Staat aufzubauen, der fest ans westliche Bündnis anzuschließen sei. Dazu gehörte es, die Teilung Deutschlands aufrechtzuerhalten. Dem standen nicht nur die damals noch zu einem wesentlich größeren Umfang patriotisch gesinnten Deutschen entgegen, sondern auch viele europäische Linksintellektuelle mit Neigungen zum Kommunismus. Um auch sie davon zu überzeugen, daß allein die USA der Hort der Freiheit und der Kommunismus genauso totalitär sei wie der Nationalsozialismus, gründete der amerikanische Geheimdienst den "Kongreß für kulturelle Freiheit". Dessen publizistisches Organ wurde die Zeitschrift Der Monat, die zeitweise in einer Auflage von 30.000 Exemplaren verbreitet wurde. Mit viel Geld wurden ehemals kommunistische Intellektuelle gewonnen, wie Arthur Koestler und Jean-Paul Sartre, die nicht nur im Monat publizierten, sondern auch auf den Kongressen weithin beachtete Reden hielten.

Der Film schließt mit der Feststellung, daß auf diese Weise die USA den Deutschen halfen, von amerikanischen Grundsätzen zu profitieren. Damit sei die Basis für das neue Deutschland gelegt worden. Man benötigt keine geheimnisvolle "Kanzlerakte", wie von Verschwörungstheoretikern gern kolportiert, um das Handeln der heutigen bundesdeutschen politischen Elite im Geiste dieser Umerziehungspolitik zu erklären.

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