© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/08 18. Juli 2008

Bestreitung des Holocaust bestrafen?
Mit Routine gescholten
von Günter Bertram

Vor zwölf Jahren erklärte Daniel Goldhagen im Spiegel, das "deutsche Unikum" (Bestrafung der Holocaust-Leugnung) gehöre abgeschafft; Rudolf Augstein darauf: "Ich war immer gegen dieses Gesetz." Der jetzt mit Routine gescholtene Hoffmann-Riem geht so weit nicht: Er hält die Entscheidungen des Parlaments von 1994 und 2005, sich auf eine derartige Gesetzgebung einzulassen, allerdings rechts- und verfassungspolitisch für falsch und nennt dafür gewichtige Gründe, die man schon seit Jahren in der Fachliteratur hatte nachlesen können. Darin liegt freilich nicht das Verdikt, die Novellen seien nichtig.

Der pensionierte Verfassungsrichter hütet sich, seinen Karlsruher Kollegen in deren Geschäft hineinzufuhrwerken, macht vielmehr auf den "weiten Gestaltungsspielraum" des Parlaments aufmerksam, auch bis zu einer Unerträglichkeitsgrenze fragwürdige, nutzlose, ja schädliche Gesetze zu beschließen. Nicht selten halten die Senate derartige Produkte am Tropf "verfassungskonformer Auslegung" am mühsamen Leben. Wann aber diese Grenze dann doch als überschritten und das Nichtigkeitsvotum zwingend erscheint, ist keine reine Rechtsfrage mehr. Hoffmann-Riem jedenfalls hat seinen Stein in den Teich geworfen.

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