© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/08 25. Juli / 01. August 2008

Frisch gepresst

Nach Bush. Die Blätter für deutsche und internationale Politik, eine Mischung aus Zeit & Junge Welt im Heftformat, bilden nicht erst seit der US-Intervention im Irak hierzulande die publizistische Speerspitze im Kampf gegen den "militärisch-industriellen Komplex", die "Reagan Coalition" aus Großkonzernen, Neokonservativen und christlichen Fundamentalisten in "Gottes eigenem Land". Der Sammelband über "Die Welt nach Bush" (Quo vadis, Amerika?, Blätter Verlagsgesellschaft, Berlin/Bonn 2008, broschiert, 288 Seiten, 12 Euro) verabfolgt daher eitel Balsam für gequälte linksliberale Seelen, die so gern an das "gute Amerika" glauben. Unter Barack Obama, so die Hoffnung vieler Beiträger, werde die Diplomatie wieder zu ihrem Recht kommen, endlich der Umweltschutz praktiziert, und ein New Deal könnte für soziale Gerechtigkeit sorgen. Einmal angenommen, Obama siegt und das verwüstete Finanzsystem seines Landes okkupiert ihn nicht mit Haut und Haaren, so werde sich, meint der unter lauter "Liberalen" sich hier zu Worte meldende "Neocon" Robert Kagan, zumindest außenpolitisch keineswegs etwas ändern. Denn die USA seien von Beginn an auf Expansion ausgerichtet und glauben sich im Besitz der alleinigen Wahrheit darüber, was der Welt zum Wohle gereicht. Für Obama sei dies ein so ehernes Gesetz wie für McCain.

Friedrich Ebert. Ein Jahr nach seiner Monumental-Biographie (1.064 Seiten!) des ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik legt Walter Mühlhausen einen Extrakt für die Westentasche vor: "Friedrich Ebert. Sozialdemokrat und Staatsmann" (DRW Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2008, broschiert, 128 Seiten, Abbildungen, 12,90 Euro). Trotzdem läßt sich auch auf den im Vergleich kargen Inhalt des Taschenbuches das Urteil gründen: der Schlechtesten einer war Ebert nicht. Könnte die Nahles-SPD heute ein vergleichbares Format wie ihn aufbieten, würde sie ihn allerdings flugs aus der Partei ausschließen: zu wenig links, zu nationalistisch, zu patriarchalisch. Ein "Opfer der Verleumdungen" politischer Gegner, wie Mühlhausen meint, kann man den 1925 verstorbenen Ebert übrigens nicht nennen. Selbst die 1919 zum medialen Sommerloch-Skandal stilisierte Freie-Oberkörper-Fotografie mit seinem Genossen und Reichswehrminister Gustav Noske in höchst unschicklicher Badehose in der Ostseefrische bei Travemünde konnte Ebert nicht ernsthaft erschüttern. Vielmehr ist er den "Göttern in Weiß" zum Opfer gefallen, die eine Blinddarmentzündung zu spät erkannten und den Patienten zu spät "auf den Tisch" legten. Nach dem Exitus war das aber immer noch ein schöner "Fall", um darüber in der Medizinischen Wochenschrift zu fachsimpeln.

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