© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/08 08. August 2008

ZDF-Reportage-Reihe 37°: Aus der Traum - Von der Rückkehr in die Heimat
Traurige Rückkehr in das Dorf hinter dem Ural
Christian Dorn

Wie weit geschichtliche Weichenstellungen in die Zukunft wirken, zeigt sich aktuell am Beispiel Tausender Rußlanddeutscher. Fast 250 Jahre, nachdem - einem Aufruf der Zarin Katharina II. folgend - einst weite Landstriche Rußlands von deutschen Kolonisten urbar gemacht worden waren, kehren deren Nachfahren heute erneut, etwa nach Sibirien zurück, und das, obgleich sie erst vor wenigen Jahren nach Deutschland zurückgekommen waren.

Mit ihrer Rückkehr nach Rußland demonstrieren sie nicht nur die Tragik gescheiterter Integration, für die in vielen Fällen die deutsche Bürokratie mitverantwortlich ist, sondern sie helfen auch die demographischen Sorgen der östlichen Großmacht lindern. So hatte Moskau im vergangenen Jahr ein 80 Millionen Euro teures Programm verabschiedet, mit dem man deutschstämmige Russen zur Rückkehr bewegen und verhindern will, daß die circa noch 600.000 verbliebenen Rußlanddeutschen ebenfalls auswandern.

Exemplarisch für die Tragik gescheiterter Identitäten sind die Beispiele, welche die ZDF-Reihe 37° vorstellt. Denn statt einer Arbeit in ihren erlernten Berufen - als Ökonom, Lehrer, Arzt oder Ingenieur - langt es für Aussiedler in Deutschland oft nur zu Aushilfsarbeiten, da die Abschlüsse von deutschen Behörden nicht anerkannt werden und versäumt wurde, entsprechende Evaluationsmodelle zu entwickeln. Beispielhaft hierfür ist der traurige Abschied der achtjährigen Vlada von ihren Schulkameraden. Mit ihren Eltern muß sie wieder in das Dorf hinter dem Ural zurückkehren. Zu dem, was sie mitnimmt, gehört das Bild von der Klassentafel, auf die ihre Mitschüler in bunten Buchstaben einen Satz geschrieben haben: "Gute Reise, Vlada!" Auf eine solche begibt sich auch der diplomierte Boxtrainer Walter Ott, der trotz erfolgreicher Arbeit keine feste Stelle findet und wieder nach Kasachstan geht, um sich - fern der Familie - alleine durchzuboxen.

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