© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/08 15. August 2008

DVD: Dirty Harry
Verbittert
Werner Olles

An kaum einem Film des amerikanischen Action-Kinos der 1970er Jahre entfachte sich die Diskussion über Härte, Zwiespältigkeit und "faschistoide Züge" mit einer solchen Vehemenz wie an Don Siegels "Dirty Harry" (1971). Ein Plädoyer für mehr und härtere Polizeigewalt und eine strengere Justiz ist Siegels Film indes höchstens an der Oberfläche. Tatsächlich ist es der Kreislauf der Gewalt, der Charaktere wie Harry Callahan (Clint Eastwood) hervorbringt, dem in "Dirty Harry" gar nichts anderes übrigbleibt, als zu handeln, wie er es tut, um seine Integrität zu wahren. Am Ende wird sich Harry nämlich seiner Absurdität bewußt, wenn er aus Verachtung gegenüber seinen zu weichen Vorgesetzten und einer laschen Justiz, die die Mörder laufen läßt, seinen Polizeiausweis in den Dreck wirft.

In dem legendärem Western "High Noon" wirft Gary Cooper zum Schluß, nachdem er die Banditen erledigt hat, seinen Sheriffstern in den Straßenstaub. Und so wirkt auch Harry Callahan ein wenig wie ein Western-Held im Dschungel der Großstadt, weil er genau weiß, daß das Gesetz nur dann wirkt, wenn man die Kraft hat, es auch durchzusetzen. Als in San Francisco ein psychopathischer Mörder und Erpresser, der sich "Skorpion" nennt (Andrew Robinson), von Callahan gestellt wird, läßt man den Festgenommenen aus formalrechtlichen Gründen wieder frei. Kurz darauf entführt der "Skorpion" einen Schulbus. Harry nimmt auf eigene Faust die Verfolgung des Killers auf, und obwohl dieser einen kleinen Jungen als Geisel und Schutzschild benutzt, gelingt es ihm, den "Skorpion" mit einem gezielten Schuß zu töten.

In einer der eindrucksvollsten Szenen des Films erklärt Callahan seinem jungen Kollegen Chico (Reni Santoni), der ihm zwangsweise zugeteilt wurde, wie er die Welt sieht: häßlich, brutal, verkommen, ohne Menschlichkeit. Doch ist Harrys Verbitterung ohne eine moralische Dimension wohl nicht denkbar: Sein Zynismus macht ihm keinen Spaß, doch einer muß sich schließlich der Flutwelle des Verbrechens entgegenwerfen, wenn alle anderen vor dem alltäglichen Bürgerkrieg die Augen schließen oder sich kaufen lassen. Immerhin ist ihm völlig klar, daß er ein Außenseiter unter den Polizisten ist, daß seine Methoden nur so lange geduldet werden, wie sie keine juristischen Folgen haben, und daß sein einziger Lohn die Einsamkeit ist.

Als Bonus gibt es einen Audiokommentar, Dokumentationen, Interviews, Trailergalerie und ein Clint-Eastwood-Porträt.

DVD: Dirty Harry. 2 Disc Special Edition, Warner, Laufzeit: ca. 100 Minuten

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