© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/08 22. August 2008

Frisch gepresst

Boveri und Jünger. Gleich drei Herausgeber haben die Korrespondenz zwischen Ernst Jünger und der Publizistin Margret Boveri erschlossen und kommentiert (Briefwechsel aus den Jahren 1946 bis 1973. Landtverlag, Berlin 2008, gebunden, 334 Seiten, 34,90 Euro). Ungeachtet ihrer vereinten Anstrengungen vermochten die drei Berliner Germanisten Roland Berbig, Tobias Bock und Walter Kühn aber nicht zu verhindern, daß sich Fehler in ihre Adnoten einschlichen, wie etwa ihre postume Berufung des Philosophen Jürgen von Kempski zum Ordinarius in München und Bochum oder die Reduktion der Amtszeit des preußischen Kultusministers Carl H. Becker auf die Jahre 1925 bis 1930. Diese Schnitzer wiegen an sich nicht schwer. Tatsächlich führen derlei Unsicherheiten im historischen Detail bei gründlicher Lektüre schnell zum zentralen Einwand, daß nämlich die zeithistorische Einbettung des auf die Adenauer-Ära konzentrierten Briefwechsels zu wünschen übrigläßt - in der umfassenden Einleitung wie in der Kommentierung. Dies betrifft vor allem die Bestimmung von Boveris Standort im Geflecht der sich nach 1945 kaum mehr regenerierenden "Konservativen Revolution" und erst recht die unzureichende Erklärung der "konservativen Wende" einer liberalen Journalistin, der en passant "Annäherung an nationalsozialistische Positionen" bescheinigt wird. Den nicht allzu ergiebigen Briefwechsel, der mit der parallel geführten Korrespondenz zwischen Boveri und Armin Mohler kaum konkurrieren kann, bereichern die Herausgeber mit Rezensionen zu Jüngers Werken. Uneingeschränktes Lob verdient wieder einmal der Verlag für die Herstellung eines "schönen" Buches.

Friedrich Ebert. Ein Jahr nach seiner Monumental-Biographie (1.064 Seiten!) des ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik legt Walter Mühlhausen einen Extrakt für die Westentasche vor: "Friedrich Ebert. Sozialdemokrat und Staatsmann" (DRW Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2008, broschiert, 128 Seiten, Abbildungen, 12,90 Euro). Freilich läßt sich auch auf den knappen Inhalt des Taschenbüchleins das Urteil gründen: Der schlechtesten einer war Ebert nicht. Hätte die Nahles-SPD heute einen wie ihn, würde sie ihn allerdings flugs aus der Partei ausschließen: zu wenig links, zu nationalistisch, zu patriarchalisch. Ein "Opfer der Verleumdungen" politischer Gegner, wie Mühlhausen meint, kann man den 1925 verstorbenen Ebert übrigens nicht nennen. Vielmehr ist er den "Göttern in Weiß" zum Opfer gefallen, die eine Blinddarmentzündung zu spät erkannten und den Patienten zu spät "auf den Tisch" legten. Nach dem Exitus war das aber immer noch ein schöner "Fall", um darüber in der Medizinischen Wochenschrift zu fachsimpeln.

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