© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/08 29. August 2008

Der ganz alltägliche Terror
Hamburg: Linksextremisten eines "Antirassismus- und Klimacamps" verüben Anschläge auf Behörde und Politiker / Polizei ist verunsichert
Torsten Uhrhammer

Die Faust nutzt jeder anders. Hamburger CDU-Wähler ballen sie momentan verärgert in der Tasche, linke "Anti-Rassisten" nutzen sie, um Polizisten zu malträtieren und Sozialdemokraten, um auf den Tisch zu hauen.

Was sich in Hamburg nach drei Monaten Schwarz-Grün abspielt, ist inzwischen selbst dem CDU-nahen Hamburger Abendblatt zuviel. In Sachen bürgerlicher Schulpolitik hatte die Union ihre Kompetenz durch die Abschaffung der Hauptschule und die Einführung der sechsjährigen Grundschule ohnehin schon abgegeben. Nun ist sie drauf und dran, durch investorenfeindliche Wirtschaftspolitik, unsolide Finanz- und Haushaltspolitik und einen innenpolitischen Linksschwenk ihre Wähler nachhaltig zu verprellen.

Das führt so weit, daß nunmehr die SPD die offene Flanke entdeckt hat und sich als eigentliche Garantin von Recht und Ordnung verkauft. "Eine wundersame Verwandlung vollzieht sich derzeit im Hamburger Rathaus. Während Wackersteine durch die Wohnzimmerscheiben eines SPD-Abgeordneten fliegen und eine Horde handgreiflicher Moralisten ein Bezirksamt stürmt, mutieren CDU-Innenpolitiker zu linksliberalen Ökopaxen. Und Sozialdemokraten entdecken ihr Herz für eine durchgreifende Innenpolitik", schreibt das Abendblatt.

Es war CDU-Staatsrat Manfred Jäger, der einer illustren Ansammlung von Polit-Campern einen verkehrsgünstig gelegenen Platz mitten in der Hansestadt besorgte. Ein Vorgehen, welches von vielen Hamburgern unter die von SPD-Fraktionschef Michael Neumann als "liberal und doof" beschriebene innenpolitische Haltung der Union subsumiert wird. Das als Antirassismus- und Klimacamp firmierende Zeltdorf hatte sich zum Ziel gesetzt, vom 15. bis zum 24. August mit gezielten Aktionen "die Gesellschaft (be)treffend" gegen vermeintlichen Rassismus, Abschiebungen und Klimawandel zu demonstrieren. Zwar war der Mobilisierungsgrat geringer als von den Initiatoren erwartet und von der Polizei befürchtet, doch für die Ausübung gewalttätiger "Überzeugungsarbeit" reichte es allemal. Bereits im Vorfeld wurden die Wohnungen des Leiters des Einwohnerzentralamtes, Ralph Bornhöft, seines Mitarbeiters und SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Gunnar Eisold und das Haus des Abschnittsleiters Rückführungsangelegenheiten Carsten Mahlke angegriffen. Pikant: Die DGB-nahe Hans-Böckler-Stiftung hatte den Druck des Programmhefts des Lagers, genannt "Camp-Reader", mit 1.500 Euro finanziell unterstützt. In der Broschüre wird unter anderem Eisolds Name und die Adresse seines Arbeitsplatzes genannt.

In der vergangenen Woche stürmten rund 30 Vermummte ein Bezirksamt und verwüsteten die Räume der Abteilung für Ausländerangelegenheiten. Die Angreifer zerstörten mehrere Glastüren des Amtes, versprühten rote Farbe und demolierten Computer. Ein Mitarbeiter verletzte sich an den herumfliegenden Glassplittern.

Nur wenig später evakuierten Beamte ein Terminal des Flughafens. Dort wurde eine Tasche abgelegt. Mehrere Hundert Passagiere mußten das Gebäude verlassen und wurden anderweitig abgefertigt. Bombenspezialisten zerschossen die Tasche anschließend und fanden eine Botschaft gegen Abschiebungen. Am Wochenende kam es dann zu gewalttätigen Ausschreitungen am Rande einer versuchten Besetzung des Kohlekraftwerkes Moorburg und einer Demonstration am Flughafen. Bilanz: zehn verletzte Polizisten. Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft Joachim Lenders ist sauer "Vor wenigen Monaten war so etwas in dieser Stadt nicht möglich und wäre auch nicht hingenommen worden." Die Einsatzkräfte seien verunsichert und fühlten sich an rot-grüne Zeiten erinnert.

Den CDU-Innensenator Christoph Ahlhaus forderte Lenders auf, "dieses Trauerspiel sofort zu beenden und zu einer klaren polizeilichen und rechtsstaatlichen Linie zurückzukehren". SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel bezweifelt, daß "die CDU-Innenpolitiker morgens noch in den Spiegel schauen können. Eine solche Linie gegenüber linken Krawallmachern trägt die bürgerliche Mitte dieser Stadt nicht mit."

Foto: SPD-Politiker Gunnar Eisold vor seinem beschmierten Haus: Adresse veröffentlicht

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