© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/08 29. August 2008

Zeitschriftenkritik: Civitas
Primat der Wahrheit
Werner Olles

Civitas, die "Zeitschrift für das christliche Gemeinwesen" erscheint dreimal jährlich im Umfang von etwa 60 Seiten. Als Herausgeber und Redaktion fungiert das der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. nahestehende Civitas-Institut unter Leitung des katholischen Theologen und Philosophen Rafael Hüntelmann. Die aktuelle Ausgabe beschäftigt sich im Schwerpunkt mit dem Thema der Religionsfreiheit, wie sie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil heute auch von der römisch-katholischen Kirche propagiert und praktiziert wird. Zudem widmet sich ein weiterer Beitrag der in der modernen Gesellschaft vorherrschenden Moraltheorie, dem Utilitarismus.

P. Franz Schmidberger, Distriktoberer der Priesterbruderschaft und geistlicher Beirat des Civitas-Instituts, erklärt in seinem Text über die Religionsfreiheit, warum diese, ob in ihrer radikalen oder "gemäßigten" Form, nichts anderes ist als die "religiöse Indifferenz des Staates, im Grunde die Ausrufung des staatlichen Atheismus oder wenigstens des Agnostizismus". So habe auch das II. Vaticanum bekräftigt, daß man "niemanden am öffentlichen (sic!) Bekenntnis einer Religion hindern dürfe". In der Praxis bedeutet dies, daß der Staat aufgrund des Naturrechts jede Religion öffentlich wirken lassen muß. Führt man sich vor Augen, wieviel absurde Sekten heute ihr Unwesen treiben, wird einem schnell klar, daß die bei uns herrschende Religionsfreiheit in Wahrheit zur vollkommenen Entchristlichung der Gesellschaft führt und damit natürlich auch dem Islam Vorschub leistet, der aggressiv und expansiv in dieses geistige Vakuum hineinstößt.

Da heute kaum noch jemand die wesentlichen Unterschiede zwischen Religionsfreiheit und religiöser Freiheit bzw. Toleranz kennt, ist es um so wichtiger, immer wieder darauf hinzuweisen. In einem weiteren Beitrag zu diesem Thema erläutert Heinz-Lothar Barth das Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Er zitiert den Verfassungsrechter Ernst-Wolfgang Böckenförde, der - obwohl selbst kein Freund der katholischen Tradition - den radikalen Bruch des II. Vaticanum klar erkannte: "Die traditionelle katholische Lehre hatte die Anerkennung eines Rechts auf Religionsfreiheit im Ergebnis immer abgelehnt. Sie ging dabei vom Primat der Wahrheit gegenüber der Freiheit aus und von der These, daß dem Irrtum an sich kein Recht gegenüber der Wahrheit zukommen könnte ..." In der Tat ist es so, daß man den Irrtum zwar tolerieren kann, er aber kein Recht besitzt. Die Alternative dazu ist religiöse Gleichgültigkeit und Indifferentismus, die schließlich in die "Diktatur des Relativismus" (Benedikt XVI.) münden.

Walter Hoeres befaßt sich hingegen mit dem Utilitarismus, der als "Ethik der westlichen Welt" das größte Glück der größten Zahl als neues Moralprinzip vertritt. Als Vollender des Utilitarismus" sieht er John Stuart Mill (1806-1873), der seinerseits mit Jeremy Bentham (1748-1832) einen der einflußreichsten Begründer moderner Moral- und Gesellschaftsphilosophie beerbte.

Anschrift: Civitas-Institut. Postfach 1541, 63133 Heusenstamm. Das Einzelheft kostet 9 Euro, das Jahresabo 25 Euro. Internet: www.civitas-institut

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