© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/08 29. August 2008

Frisch gepresst

Polens Jugend. Glaubt man dem neuen, der "Jugend" unseres Nachbarlandes gewidmeten "Jahrbuch Polen 2008" (herausgegeben von Deutschen Polen-Institut Darmstadt. Verlag Otto Harrassowitz, Wiesbaden 2008, broschiert, 242 Seiten, Abbildungen, 11,80 Euro), dann scheint fraglich, ob Polen diesmal nicht doch verloren ist. Denn besonders die gut ausgebildeten und motivierten Teile dieser Jugend wandern aus, vornehmlich nach England und Irland, der Rest hängt arbeitslos daheim herum oder beneidet, sich als "Generation Nichts" beweinend, die Eltern um deren auch über den Bruch von 1989 hinwegtragende Werte. Und die den Erfahrungsberichten und soziologischen Analysen angefügten literarischen Spiegelungen des nachsozialistischen Jugendalltags sind allemal dazu angetan, den schauderhaften Eindruck omnipräsenter Miserabilität noch zu vertiefen. Wenigstens in dieser Hinsicht scheint EU-Tristesse erreicht. All dies sperrt sich gegen den einleitenden Trompetenstoß: "Nach langer Durststrecke hat die polnische Jugend heute zunehmend mehr Chancen - im innerpolnischen ebenso wie im europäischen Kontext." Was Katrin Lechler, die die Stimmung und die Jugendkultur in Hinterpommern und in der Neumark ("Westpolen") erkundet hat, eher dementiert, wenn sie dort vornehmlich jungen Menschen begegnet, die die berufliche Perspektivlosigkeit "austreibt".

 

Joseph Bernhart. Sein Verlag bewirbt ihn als eine der "großen originalen Gestalten christlicher, katholischer Geistigkeit des 20. Jahrhunderts, im Rang dem bedeutenden Religionsphilosophen Romano Guardini (1885-1968) nicht nachstehend". Das ist ebenso bescheiden wie untertreibend formuliert. Denn Bernhart, Jahrgang 1881 und ein Jahr älter geworden als Guardini, steht zweifellos im Rang über dem Mann, an dem man im Rückblick immer deutlicher Konturen eines "Modedenkers" wahrnimmt. Bernharts Werk scheint sich hingegen weniger mit dem Zeitgeist verbandelt zu haben und ist daher beständiger. Nicht zuletzt läßt sich dies an den Neuauflagen sowie an den opulenten Erinnerungen und Tagebüchern überprüfen, die seit 1990 in dichter Folge erschienen sind. Nun hat der um Bernhart hochverdiente Münchner Kirchenhistoriker Manfred Weitlauff zusammen mit Thomas Groll einen stattlichen Band der Aufsätze des zeit seines Lebens eine mühsame privatgelehrte Existenz führenden Denkers vorgelegt, der Schwerpunkte in seinen Reflexionen über "Demokratie, politische Theorie und Ethik" sowie über "Mensch und Technik" setzt (Zeit-Deutungen. Schriften, Beiträge, Vorträge zu Politik und Kultur aus den Jahren 1918-1962. Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn 2007, gebunden, 789 Seiten, Abbildungen, 29,95 Euro).

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