© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/08 17. Oktober 2008

Frisch gepresst

Kunstgeschichte. In seinem "Handbuch der Konservativen Revolution" registriert Armin Mohler nur von den Juristen und Soziologen einen "Zustrom von der Wissenschaft her", der überwiegend den "Jungkonservativen" zugute gekommen sei. Die nach 1989 mächtig aufgeblühte Wissenschaftsgeschichte würde Mohler heute wohl zu einer anderen Gewichtung zwingen. Dies belegt einmal mehr der von Ruth Heftrig, Olaf Peters und Barbara Schellewald herausgegebene Band über die "Kunstgeschichte im 'Dritten Reich'" (Theorien, Methoden, Praktiken. Akademie Verlag, Berlin 2008, gebunden, 444 Seiten, Abbildungen, 49,80 Euro). Neben dem auch von Mohler erfaßten Wiener Kunsthistoriker Josef Strzygowski gerät eine Weltanschauungsfabrik der KR wie der Münchner Verlag Bruckmann ins Visier der zumeist jungen Autoren, ebenso Arthur Moeller van den Brucks Konstruktion des "preußischen Stils" und die "Kunstbetrachtung" Paul Fechters. Darüber hinaus sind aber KR-Prägungen bei dem Großmogul des Faches Wilhelm Pinder genauso zu entdecken wie bei dem aufstrebenden Hubert Schrade, der hier moralisch eifernd als "strammer Nazist" präsentiert wird. Eine stärkere Personalisierung hätte KR-Spuren an fast jedem kunsthistorischen Institut an deutschen Hochschulen nachweisen können.

Robert Michels. Gut zehn Jahre benötigte Timm Genett für seine Dissertation über Robert Michels, die er mit nicht unangebrachtem Stolz als "die erste Gesamtdeutung dieses Klassikers der Politikwissenschaft seit über drei Jahrzehnten" anpreisen darf (Der Fremde im Kriege. Zur politischen Theorie und Biographie von Robert Michels 1876-1936. Akademie Verlag, Berlin 2008, gebunden, 852 Seiten, 79,80 Euro). "Wenn ich recht sehe", so Gerd-Klaus Kaltenbrunner in seinem Criticón-Porträt (113/1989) des sozialwissenschaftlichen Universalisten, "verdient als einziger nur ein bedeutender deutscher Soziologe das Etikett eines Faschisten: Robert Michels." Daß der Kölner Millionärssohn Michels, der als Sozialdemokrat begann und damit seine akademische Karriere im wilhelminischen Deutschland schon im Ansatz zerstörte, auf dieses "Etikett" nicht reduziert werden darf, dies nachzuzeichnen ist ein Hauptanliegen Genetts, der daher in der Mammutstudie die Intellektuellenbiographie seines Helden "vor Mussolini" gewichtet.

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