© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/08 24. Oktober 2008

Meldungen

OECD: Deutschland weiter im Bildungstief

BERLIN. Die Kernbotschaft des jüngsten OECD-Bildungsberichts lautet: Deutschland investiert nach wie vor zu wenig Geld in seine schulische Infrastruktur. Im internationalen Vergleich bleibe die drittgrößte Wirtschaftsnation mit 5,1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt, die in die Bildung fließen, hinter dem internationalen Schnitt von 6,1 Prozent auffällig zurück. Auch deswegen sei der ökonomisch bedrohliche Akademiker- und Fachkräftemangel, der mittelfristig ins Haus stehe, unabwendbar. Der am 22. Oktober von Kanzlerin Merkel anberaumte "Nationale Bildungsgipfel" werde daran nichts ändern. Was die Politologin Annett Mängel dabei am meisten aufregt (Blätter für deutsche und internationale Politik, 10/08), ist die "frühe Selektion". In keinem anderen Industrieland würden die Weichen für Erfolg oder Mißerfolg der Bildung so früh gestellt wie bei uns - nämlich nach der vierten Grundschulklasse. Und seit der Bologna-Reform setzt sich "die Auslese" im Studium fort, da Studierende aus finanzschwachen Familien für ihren Lebensunterhalt "jobben" müßten, was sich zwangsläufig auf den Studienerfolg auswirke. Unter dem Motto "Bildung für alle" empfiehlt Mängel daher eine Expansion auf allen Feldern, von der Kita-Betreuung, der Abschaffung der Studiengebühren bis zur Einführung des Master als Regelabschluß. 

 

Namhafte Historiker gegen Retro-Moral

BLOIS. Als Reaktion auf die zunehmende juristische Einflußnahme auf die historische Forschung haben französische Historiker auf einer Tagung in Blois an der Loire eine Initiative gestartet. Hintergrund ist das seit 1990 geltende Gayssot-Gesetz, nach dem die Leugnung "der Existenz der in Artikel 6 des Statuts des internationalen Militärgerichts von Nürnberg definierten Menschheitsverbrechen", vornehmlich die Judenermordung, in Frankreich zum Fall der Strafverfolgungsbehörden wurde. Im Jahr 2001 wurde dieses Gesetz um die "Straftatbestände" der Leugnung des Armenier-Genozids 1915/1916 und des europäischen Sklavenhandels ergänzt. Dagagen hatten sich bereits 2005 französische Historiker in einem "Manifest der Freiheit" ausgesprochen (JF 3/06). Im aktuellen "Appel de Blois" fordern die Initiatoren um den früheren Kulturminister Jack Lang, eine "retrospektive Moralisierung" und die "Kriminalisierung der Forschung" zu verhindern, die mit weiteren Reglementierungen (Rolle des Kolonialismus, Holodomor in der Ukraine und Vendée-Genozid nach 1793) einhergehe. Mit Eric Hobsbawn, Timothy Garton Ash, Jan Assmann und Heinrich August Winkler haben bereits auch ausländische Forscher den Appell unterzeichnet.

 

Auf der Suche nach deutschen Konservativen

PARIS. Im hundersten Heft von Catholica findet sich neben Essays zur Modernekritik wie dem Jure Vujic' über die Selbstermächtigung des Menschen, der seine Welt nach dem Modell der Maschine gestaltet ("L'artificialisme entré modernité et postmodernité"), auch eine knappe Präsentation der Bestandsaufnahme von Karlheinz Weißmann, die unter dem Titel "Das konservative Minimum" (JF 29/07 ff.) im Frühjahr dieses Jahres erschienen ist. Von West nach Ost schauend, bestätigt Pierre-Marie Sigaud im wesentlichen Weißmanns Befund ("Où en est le conservatisme allemand?"). Auch von jenseits des Rhein sei die marginale politische Rolle der deutschen Rechten und Konservativen nicht zu übersehen, und auch dort nehme man den "Antifa-Mob" als "neue SA" wahr, registriere die propagandistische Funktion bundesdeutscher "Leitmedien" und die zahllosen "Kampagnen gegen Rechts". Sigaud zeigt sich jedoch skeptisch, ob mit der bei Weißmann erkennbaren Orientierung am historisch gewordenen Gaullismus ein Wandel des Meinungsklimas, das die Rechte in der "Schweigespirale" verschwinden lasse, zu erreichen sein könnte. 

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen