© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/08 31. Oktober 2008

Dienst am Leser
Bertelsmann-Wahrig bestreitet Geldzahlungen
Michael Paulwitz

Es sind keine Gelder von Wissen Media/Bertelsmann an den Verein Deutsche Sprache (VDS) geflossen, um diesen zur Umstellung der VDS-Mitgliederzeitschrift Sprachnachrichten (SN) auf die Rechtschreibreform zu bewegen. Das erklärte Sabine Krome, Leiterin der Wahrig-Redaktion und Mitglied im Rat für deutsche Rechtschreibung. Der Eindruck eines solchen Geschäfts war entstanden, nachdem ein Vorstandsprotokoll des VDS über Verhandlungen mit Wahrig bekanntgeworden war.

Der VDS ist mit fast 30.000 Mitgliedern in Deutschland und im Ausland der mitgliederstärkste deutsche Sprachverein. Das Wahrig-Rechtschreibwörterbuch erscheint im Wissen Media Verlag, der zur Bertelsmann AG gehört. Der Bertelsmann-Konzern spielt bei der Durchsetzung der Rechtschreibreform eine wichtige Rolle.

In einem Schreiben an die Vierteljährlich in Erlangen erscheinende Zeitung Deutsche Sprachwelt betont Sabine Krome, daß dem VDS von Wahrig auch nicht "für die Zukunft finanzielle Zusagen irgendwelcher Art gemacht worden" sind. Entsprechende Fragen hatte das Protokoll der VDS-Vorstandssitzung vom 31. Juli dieses Jahres ausgelöst. Dort heißt es unter Punkt "4. Rechtschreibung": "Die Gespräche mit Wahrig werden fortgeführt. (...) Konsens, daß eine Abkehr der SN von der traditionellen Rechtschreibung für den VDS mit handgreiflichen Vorteilen verbunden sein sollte, ansonsten bleibt alles, wie es ist." Und unter Punkt "5. Gestaltung der Sprachnachrichten" ist zu lesen: "Eventuell Umstellung auf Magazinformat, (...) wenn, dann möglichst in einem Zug mit der Umstellung der Rechtschreibung und mit finanzieller Unterstützung von Wahrig. Dazu aber keine formelle Abstimmung." Mit Ausgabe 3/2008 stellten dann im September die Sprachnachrichten von der traditionellen Rechtschreibung auf reformierte Schreibweisen um.

Wahrig-Redaktionsleiterin Krome zeigte Verständnis dafür, daß der VDS "es für sinnvoll hält, sich an der verbindlichen aktuellen Rechtschreibung zu orientieren". Dabei ließ sie jedoch außer acht, daß die reformierte Rechtschreibung weder für Presseerzeugnisse noch für Sprachvereine verbindlich ist.

Zur Zeit werden die Ergebnisse der Gespräche zwischen VDS und Wahrig ausgewertet, so Krome. Es bleibt zu hoffen, daß erstens Wahrig darauf achtet, sich nicht zu fragwürdigen Geschäften verleiten zu lassen. Zweitens sollte der Vorstand des VDS eine Entscheidung treffen, die im Interesse der deutschen Sprache ist. Rechtschreibung ist keine Verhandlungsmasse, sondern ein Dienst am Leser.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen