© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/08 12. Dezember 2008

Meldungen

Ideengeschichte: Reinheit als "paranoides Kalkül"

WIEN. Oliver Kohns wähnt sich unter Verdacht. Bevor er also den "Rassediskurs der 1920er und '30er Jahre" behandelt, schickt er voraus, daß dessen Einordnung in den "historischen und kulturellen Kontext" natürlich den "historischen Verbrechen" ihre "Singularität" nicht bestreiten und sie so "entschuldigen" wolle (Weimarer Beiträge, 3/08). Sodann faßt er Mut und "kontextualisiert" nach Kräften die Idealvorstellung von "Reinheit" der Rasse, freilich unter der Prämisse, dies sei ein "paranoides Kalkül". Immerhin gelingt es ihm aufzuweisen, wie sich der vom Rasseideologen Ludwig Ferdinand Clauß behauptete Zusammenhang zwischen "Rasse und Seele", von inneren Werten, die sich in Körperbau und Physiognomie ausformen, im Laufe des "Diskurses" verflüchtigt. Nach 1933 werde die Physiognomie aus dem Rassediskurs verabschiedet. Entscheidend sei das "seelische Band", und "rein" werde verstanden als "ethische Form der Reinheit". "Rein" sei, wer sich "innerlich" neu schaffe, sein "Gewissen" und seine "Schuld" prüfe, seine "Pflicht" tue und seine "Aufgabe" erfülle - alles Begriffe der "protestantischen Ethik". Den spezifischen NS-Charakter verliere der Rassediskurs trotzdem nicht. Denn die um "Reinheit" bemühten Mitglieder einer Gemeinschaft umschließe ein "seelisches Band", das Blutsfremde von der Kommunikation ausschließe. Da jede Rasse eine spezifische Art der Wahrnehmung von Wirklichkeit besitze, könnten nur Mitglieder derselben Rasse sich verstehen. Die Gemeinschaft zerfalle, wenn seelisch Fremde ihre Kommunikation zerstören.

 

Im Kulturvergleich: Von Homer zum Mythos

FREIBURG. Eigentlich sei es ein Ding der Unmöglichkeit, ein Heft der Freiburger Universitätsblätter (181/08) zum Thema "Mythos" herauszugeben, selbst wenn ein dreifacher Umfang zur Verfügung stünde. Aber dann haben die Freiburger Altertumswissenschaftler unter Bernhard Zimmermanns Ägide es doch gewagt und nicht nur eingegriffen in die von Raoul Schrott angestoßene, "momentan große Stürme auslösende Homer-Debatte". Gerade von Sotera Fornaros in diesem Heft präsentierter Wiederbefassung mit "Friedrich Creuzers Mythologie" meint Zimmermann neue Impulse erwarten zu dürfen, die Schrotts Thesen entgegenkämen. Denn wie schon bei dem Romantiker Creuzer vorgegeben, müsse "das hellenozentrische Bild" der deutschen Altertumswissenschaft "aufgesprengt", die vorderorientalischen Kulturen für die Mythentheorie fruchtbar gemacht und so stärker als bisher "kulturvergleichende Mythologie" betrieben werden - ein Arbeitsplan, den man in Freiburg schon bald mit einem weiteren Heft der Universitätsblätter erfüllen will.

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