© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/08-01/09 19./26. Dezember 2008

Blick in die Medien
Einfühlsam
Ronald Gläser

Schöne Grüße aus Athen: Ausnahmezustand, Plünderungen, linksradikale Bambule. Die deutschen TV-Sender kommentieren das unterschiedlich. Während der Sat1-Sprecher konsequent vom "Mob" sprach (mir wären noch unfreundlichere Worte eingefallen), machte die ARD mal wieder auf mitfühlend-einfühlsam. Am Morgen des vierten Krawalltages brachten die Öffentlich-Rechtlichen einen Bericht über zwei deutsche Studentinnen aus Athen. Beide trugen ein Palästinensertuch um den Hals und hatten "Verständnis" für die "Demonstrationen" der Kommilitonen. Die eine sagte: "Das Bildungssystem ist wirklich marode." Ach so. Na, dann sind die Ausschreitungen natürlich gerechtfertigt. So ist das immer bei ARD und ZDF. Wenn in den neuen Bundesländern jemand einem Ausländer vors Schienbein tritt, dann ist es gleich ein Nazi-Pogrom. Mitleid gibt es nur für die Opfer, für die Täter hohe Haftstrafen. Aber wenn Migrantenjugendliche oder Linksextremisten in Paris oder Athen ganze Straßenzüge in Schutt und Asche legen, dann müssen wir Verständnis für die "sozialen Ursachen" aufbringen. Wie soll das Publikum da den Überblick behalten?

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