© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/09 02. Januar 2009

Ahmed Aboutaleb ist der erste moslemische Bürgermeister einer EU-Metropole
Mit harter Hand
Mina Buts

Was Kritiker lange prophezeit haben, wird nun Wirklichkeit: Als erste europäische Großstadt hat Rotterdam seit dem gestrigen 1. Januar 2009 einen muslimischen Bürgermeister. Der 48jährige Ahmed Aboutaleb, der im Alter von 15 Jahren mit Familie aus Marokko in die Niederlande einwanderte, leitet von nun an die Geschicke der niederländischen Zuwandererhochburg. Allein sieben Problembezirke zählt die Stadt, sage und schreibe 46 Prozent der Einwohner sind Einwanderer.

Allerdings regiert Aboutaleb mit strenger Hand. Schon als Stadtrat für Soziales in Amsterdam sorgte er 2004 für Aufsehen, als er aus dem Sozialhilfeamt den „Dienst für Arbeit und Einkommen“ machte, dabei die Sozialhilfe für unter 27jährige strich, Sprachkenntnisse verpflichtend einführte und sogar Alleinerziehende in Minijobs vermittelte. Eine eigene Kontrollbehörde wurde aufgebaut, die Sozialhilfeempfänger mit unangemeldeten Hausbesuchen und notfalls sogar mit Hilfe von Videoaufzeichnungen auf ihre Bedürftigkeit überprüfte. Dem Stadtsäckel kam das zugute – die Sozialhilfeausgaben schrumpften binnen Jahresfrist um 15 Prozent.

Als Staatssekretär für Soziales ringt Aboutaleb seit 2007 vor allem um die Armutsbekämpfung im Land, denn „die Armut in den Niederlanden droht eine Hautfarbe zu bekommen, ich finde das bedrohlich. Die Bevölkerung, mit der ich zu tun habe, wird immer dunkler.“ Aboutaleb steht für eine radikale Integrationspolitik: „Immigranten müssen sich der hiesigen Ordnung anpassen, nicht umgekehrt. Wer sich damit nicht abfindet, sollte besser heute als morgen wieder gehen.“

Folgerichtig sind die Einwanderungsgesetze der Niederlande mittlerweile die strengsten in ganz Europa: Nur wer schon im Ursprungsland einen Sprach- und Landeskundenachweis im Niederländischen erbringen kann, darf einwandern. Es wird ein klares Bekenntnis zu den Niederlanden verlangt, wobei Doppelstaatsbürgerschaften nicht länger erlaubt sind. Genau hier setzen Aboutalebs Kritiker an. Daß er immer noch Ajax-Amsterdam-Fan ist, wird ihm nicht so furchtbar übelgenommen – daß er aber trotz aller Integrationsbemühungen selber nach wie vor zwei Staatsbürgerschaften besitzt, kreidet ihm die Opposition an.

In Rotterdam muß Aboutaleb nun seine Fähigkeiten als „Brückenbauer“ beweisen. Zwar ist er als muslimischer Sozialdemokrat, der selbst dem Rechtsaußen Geert Wilders (JF 37/07) wegen dessen klarer Sprache Respekt zollt und nach dem Mord an Theo van Gogh in den Moscheen zur Besonnenheit aufrief, quasi unangreifbar. Dennoch wird er vom ersten Tag an daran gemessen werden, ob es ihm gelingt, alteingesessene Holländer und Einwanderer zu versöhnen.

Aboutaleb verkündete 2008 sein Motto: „Alle Chancen, die die Niederlande mir bieten, muß ich ergreifen. Man muß etwas aus seinem Leben machen.“ Es bleibt spannend, wie er diese Erkenntnis den Rotterdamer Einwanderern vermitteln wird.

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