© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/09 09. Januar 2009

Meldungen

Widersprüchlichkeit der Kunstpolitik nach 1933

HEIDE. Die Kunstgeschichte, stets als "Orchideenfach" eingestuft, konnte doch aus ihrem Schattendasein heraustreten. Denn ihr gelang es, in jenen Öffentlichkeitssektor vorzustoßen, der als "Vergangenheit, die nicht vergehen will", auch sechzig Jahre Bundesrepublik immer noch mühelos aussticht - die Erinnerung an das "Dritte Reich". Hier spielen Kunsthistoriker in der Endlos-Diskussion über "Raubkunst", "Rückgabe" und "Lost Art" seit langem eine tragende, wenn auch nicht immer überzeugende Rolle. Blickt man auf die Fülle der Bücher und Aufsätze zu diesem Thema, ist schwer vorstellbar, daß sich überhaupt noch jemand mit traditionellen Studien, etwa über die Perspektive in Dürers Handzeichnungen, abgibt. Die Kieler Professorin Ulrike Wolff-Thomsen jedenfalls nicht, denn sie verfolgt die "Beschlagnahmung 'entarteter' Kunst in schleswig-holsteinischen Museen" (Nordelbingen. Beiträge zur Kunst und Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins, 77/2008). Wesentlichstes Resultat ihrer Recherchen ist, wie sie mit unverhohlener Verblüffung konstatiert, "die Widersprüchlichkeit der NS-Kunstpolitik". Daß um die Einstufung Emil Noldes zwischen Goebbels, Rosenberg und Hitler heftig gerungen wurde, ist zwar bekannt, aber Wolff-Thomsen vermag auch noch weitere Beispiele für den kunstpolitischen Zickzack-Kurs nach 1933 zu geben. Dazu zählt die Beschlagnahme von Werken des an der Bremer Kunsthochschule lehrenden Malers Hans Gross (1892-1981), für die NSDAP seit 1930 aktiv und den "Weg zur nordischen Kunst" propagierend. Mit Lyonel Feininger, Ernst Wilhelm Nay, Karl Hofer oder Niko Wöhlk fand er sich trotzdem 1937 unter den "Entarteten" wieder.

 

Bibliophile Schätze nur mit YouTube garniert

HANNOVER. Um in den Genuß der wertvollsten Bücher und Schriften der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek (GWLB) zu kommen, die größtenteils erstmals öffentlich in der Claussenhalle der Kestnergesellschaft präsentiert werden, muß der Besucher im präsentierten Ausstellungsprojekt "Public Viewing - Wissenswelten von der Keilschrift bis YouTube" allerdings "die feierlich in musealer Form aufgebahrten" Schätze in Tateinheit mit lauter YouTube-Filmen genießen, die als "populärste Ausprägung einer internetbasierten Wissenskultur" den Rahmen dieser Schau (16. Januar bis 15. Februar 2009) bieten. Landesvater Christian Wulff wird höchstselbst das Spektakel eröffnen.

 

Erste Sätze

Wir stehen an einer Wende, um uns und in uns lösen zwei Welten einander ab.

Herbert Blank, Preußische Offiziere Oldenburg, 1932

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