© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/09 16. Januar 2009

Stärken und Schwächen
Politische Bildung: Eine Tagung von Jung-Weikersheim untersucht den Aufstieg der Linkspartei
Torsten Uhrhammer

So langsam schießen sich die unionsnahen Bildungsträger auf die Linkspartei ein. Neben einer Reihe von Veranstaltungen der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich nun auch das christlich-konservative Studienzentrum Weikersheim der dunkelroten Partei angenommen.

Auf einer von Jung-Weikersheim - der Nachwuchsorganisation des konservativen Studienzentrums Weikersheim - ausgerichteten Veranstaltung in Stuttgart näherte man sich den Linksaußen auf zwei Wegen. Zunächst anhand der Quellenlage, wie sie die Verfassungsschutzberichte hergeben. Hierfür hatte man Christoph Schickle gewonnen. Der Diplom-Verwaltungswirt war für das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz bei der Überwachung linksextremistischer Bestrebungen tätig und machte gleich zu Beginn klar, daß für ihn die Linkspartei eine "linksextremistische Partei" sei. Deutlich werde dies zum einen an der Art und Weise der Auseinandersetzung mit dem DDR-Unrecht "Schon Johann Wolfgang von Goethe sagte: 'Geschichte schreiben ist eine Art, sich das Vergangene vom Halse zu schaffen'. Die Linkspartei ist darin leider sehr erfolgreich", sagte Schickle.

Aufmärsche zu Jahres- oder Todestagen wichtiger Kommunisten, sei es der Ex-Stasi-Chef Markus Wolf oder die linksextremen Gegner der Weimarer Republik Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, gehören auch in der Linkspartei zum guten Ton. Ziel sei es, den Sozialismus trotz aller Untaten erneut positiv im öffentlichen Bewußtsein zu lancieren. Für Schickle geht es hierbei um einen "Geschichtskampf", der die Bundesrepublik Deutschland delegitimieren soll. Zu den Menschenrechten habe die Linkspartei "ein eher taktisch motiviertes Verhältnis". Dies gelte nicht nur in bezug auf ihre eigene Vergangenheit als SED, sondern auch durch ihre weltweiten Kontakte zu linksextremen Parteien und Terrorgruppen. Ob kubanische Diktatur, kolumbianische FARC-Terroristen, baskische Eta, sie alle werden als Gesprächs- und Bündnispartner geschätzt, ja sogar gepriesen.

Die Linke setzt heute - mangels tatsächlicher Möglichkeiten -  weniger auf leninistische Konzepte der Machtergreifung, sondern auf das "kulturelle Hegemoniekonzept" des italienischen Marxisten und Mitbegründers der Kommunistischen Partei Italiens (KPI) Antonio Gramsci. Um die Hegemonie konservativer und "neoliberaler" Ideologien zu brechen und medial einen neuen Block links von der Mitte in der politischen Kultur der Bundesrepublik zu etablieren, müsse zunächst eine Uminterpretation von Begriffen und Werten erfolgen. Bei der Etablierung einer politisch korrekten Sprachpolizei kommt der Linkspartei zugute, daß nach der westdeutschen Kulturrevolution 1968 weite Teile der Multiplikatoren-Eliten in den Redaktionen, Lehrerzimmern und an den Universitäten empfänglich sind für die antifaschistische und antikapitalistische Rhetorik der Linkspartei.

Diese geistigen Grundlagen für das erneute Anschwellen einer Linksaußen-Formation waren denn auch das Thema des Philosophen Harald Seubert. Wortmächtig und tiefgründig setzte sich Seubert, der in der Tradition des kürzlich verstorbenen Sozialphilosophen Günter Rohrmoser steht, mit der Linksverschiebung des politischen Koordinatensystems nach 1968 auseinander. Dabei kam er auch auf die Mitschuld des Bürgertums zu sprechen, dem er "intellektuelles und institutionelles Versagen" vorhielt. Ohne dieses ständig zurückweichende Bürgertum sei dieser Linksdrift nicht zu erklären. Besorgt stellte der Philosoph fest, daß mit Familienministerin Ursula von der Leyen heute eine CDU-Politikerin die linksemanzipatorischen Konzepte der Achtundsechziger exekutiere. "Wir werden den Linken nur entgegentreten können, wenn wir den Begriff und der Sache des Konservativen wieder sein Profil geben", forderte Seubert das CDU-nahe Auditorium auf.

Und so wurde aus einem Kongreß über die Stärke der Linkspartei eigentlich ein Kongreß über die Schwäche der Konservativen in der CDU. so bedaure ich das sehr und entschuldige mich ausdrücklich."

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