© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/09 23. Januar 2009

Scharlatan oder Gottgesandter
Vor fünfzig Jahren starb der Geistheiler Bruno Gröning
Wiebke Dethlefs

Kaum jemand konnte in den Nachkriegsjahren so sehr die Massen wie die Medien bewegen, aufwühlen, ja sogar spalten wie Bruno Gröning. Heute ist der vor fünfzig Jahren verstorbene "spirituelle Heiler" weitgehend in Vergessenheit geraten.

Der 1906 in Danzig Geborene kam 1946 nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft nach Westdeutschland. 1949 wurde der ungelernte Arbeiter rasch durch unerklärliche Heilungen nur aufgrund von Körperberührungen bekannt. Ein neunjähriger Junge, der an Muskelschwund litt, wurde durch Gröning gesund, worauf der Vater die Presse informierte. Tausende Kranke mit allen möglichen Leiden wandten sich jetzt an ihn und hörten seine Vorträge. Gröning sah sich als von Gott gesandt, wobei er gleichsam als Überträger eines "Göttlichen Heilstroms" wirkte, der aber nur von ihm ausging. Diesen Heilstrom will er in großem Maße aufgenommen haben, um ihn dann in kleinen Dosen an die Kranken abzugeben. Wer nicht persönlich zu ihm kommen konnte, erhielt von ihm selbst geformte Stanniolkugeln, durch die der besagte Heilstrom transportiert werden sollte.

Die Nachkriegsgesellschaft konnte mit einem solch rätselhaften Mann nichts anfangen. Waren seine Erfolge nur Scharlatanerie oder doch Gottesbeweise? Kritiker aus Schulmedizin, Jurisprudenz und Kirchenkreisen warfen Gröning vor, seine Heilungen seien nur temporär und beruhten ausschließlich auf Suggestivwirkungen. Auch würden die Kranken durch falsche Hoffnungen vom Besuch seriöser Ärzte abgehalten und gerieten dadurch erst recht in Lebensgefahr. Außerdem habe er keine medizinische Ausbildung. Noch im Mai 1949 wurde ihm in Nordrhein-Westfalen seine Betätigung wegen Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz untersagt. 1955 wurde er deswegen erneut angeklagt, nachdem ein schwer lungenkrankes Mädchen während seiner Behandlung gestorben war. In mehreren Instanzen wogte der Prozeß über drei Jahre hin und her, letztlich sollte Gröning dann sechs Monate Gefängnis erhalten. Er legte Revision ein. Inzwischen hatte er die Französin Josette Dufossé geheiratet und hielt sich oft bei ihr in Paris auf. Doch auch seine Gesundheit war angeschlagen. Sich selber zu retten, war er außerstande. Am 26. Januar 1959 starb er in Paris an Magenkrebs. Sein Gerichtsverfahren wurde eingestellt, ein abschließendes Urteil nie gesprochen. Beigesetzt ist Gröning im hessischen Dillenburg.

Noch zu seinen Lebzeiten bildeten sich Vereinigungen von Anhängern seiner Lehre, ein Bruno-Gröning-Freundeskreis besteht bis heute (im Internet zu finden unter www.bruno-groening.org ).

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