© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/09 20. Februar 2009

Warten auf Dieter Althaus
Thüringen: In der CDU wachsen die Zweifel, ob der nach seinem Skiunfall gesundheitlich angeschlagene Ministerpräsident den Wahlkampf durchstehen kann
Hans Christians

Gut ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Thüringen wächst bei den bisher alleine regierenden Christdemokraten die Sorge. Zwar gaben die Ärzte am Dienstag bekannt, daß der am Neujahrstag bei einem Skiunfall schwer verletzte Ministerpräsident Dieter Althaus noch vor der Sommerpause in die Politik zurückkehren könne, dennoch bleibt ungewiß, ob er tatsächlich den Belastungen eines Wahlkampfes gewachsen wäre und wie sich das Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung auf seine Wahlchancen am 30. August auswirken könnte.

Dabei ist die Ausgangslage für die CDU in Thüringen schwierig genug. Eine Wiederholung des Ergebnisses von 2004 (43 Prozent) gilt derzeit als ausgeschlossen. Selbst Umfragen, die die Staatskanzlei in Auftrag gegeben hat, sehen die Union bei weit unter 40 Prozent. Derzeit, so analysieren Meinungsforscher, profitiere die CDU von einem gewissen Mitleidseffekt, doch dies könne sich ändern, wenn die Partei keinen klaren Kurs fahre. Und danach sieht es derzeit nicht aus. Unisono verkünden die Althaus-Getreuen, die Entscheidung über eine Spitzenkandidatur werde der Ministerpräsident selbst fällen, und alle öffentlichen Bekundungen gehen derzeit davon aus, daß der Regierungschef alsbald die Amtsgeschäfte wieder selbst übernehmen werde. Doch Althaus, der sich zur Zeit in einer Reha-Klinik im Schwarzwald befindet, schweigt - und wirft mit diesem Verhalten Fragen auf. Noch immer ist ungeklärt, ob sich die Bewältigung der Tatsache, daß bei dem Zusammenstoß auf der Piste ein Mensch gestorben ist, mit dem Amt eines Ministerpräsidenten vereinbaren läßt.

Die Oppositionsparteien im Landtag haben unlängst verkündet, daß sie den Unfall nicht zum Wahlkampfthema machen wollen. Bodo Ramelow, Bundestagsabgeordneter und Spitzenkandidat der Linkspartei, gibt sich staatsmännisch und will die CDU in Sachfragen festnageln. Die thüringischen Postkommunisten, die vor fünf Jahren mehr als 26 Prozent der Stimmen erzielen konnten, dürften erneut zulegen. "30 plus x" hat Ramelow als Zielsetzung ausgegeben, sein Problem ist allerdings, daß ihm der Partner fehlt, der ihn zum Regierungschef wählen würde.

Die schwache Landes-SPD mit ihrem nicht unumstrittenen Spitzenkandidaten Christoph Matschie dümpelt in Umfragen weiter deutlich unter der 20-Prozent-Marke, Tendenz stark fallend. Matschie gilt nicht unbedingt als Befürworter einer rot-roten Koalition, und das macht die Planspiele für die Genossen schwierig. So ist es auch nicht ausgeschlossen, daß sich die Sozialdemokraten der Union als Juniorpartner andienen werden.

Diese hat allerdings ganz andere Pläne. Die bisher außerparlamentarischen Freien Demokraten, so das Kalkül der Union, könnten aufgrund der derzeitigen politischen Stimmungslage wieder in den thüringischen Landtag einziehen und so dem schwächelnden Ministerpräsidenten Dieter Althaus sein Amt retten. Umfragen sehen die Liberalen mit leicht steigender Tendenz ebenso wie die Grünen bei rund fünf Prozent.

Die große Unbekannte im bevorstehenden Wahlkampf stellt das Abschneiden der NPD dar. Die Partei, die entgegen ursprünglichen Vereinbarungen des "Deutschland-Pakts" anstelle der DVU zur Wahl antritt, liegt mit ihrem Spitzenkandidaten Frank Schwerdt derzeit bei vier Prozent.

Sollten neben der FDP auch NPD und Grüne im nächsten thüringischen Landtag vertreten sein, bliebe der CDU nur eine Große Koalition mit der SPD. Parteiintern gilt es als ausgeschlossen, daß Dieter Althaus für diesen Fall noch zur Verfügung stünde. Und so wird hinter verschlossenen Türen bereits eifrig an Nachfolgeregelungen gebastelt. Der Finanzministerin und kommissarischen Regierungschefin Birigt Diezel werden entsprechende Ambitionen nachgesagt. Gleiches gilt für die Sozialministerin Christine Lieberknecht. Doch beide Damen schweigen eisern. "Unser Spitzenkandidat heißt Dieter Althaus", verkündet eine Pressemitteilung der CDU trotzig. Böse Zunge behaupten, man habe lediglich das Wort "noch" vergessen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen