© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/09 27. Februar 2009

Frisch gepresst

Kommissarbefehl. Beim schier unerschöpflichen Thema „Wehrmachtsverbrechen“ scheint bundesdeutschen Zeithistorikern die Erfindung des Perpetuum mobile gelungen. Wälzer um Wälzer verläßt die Druckerpresse, darunter auch Felix Römers „Der Kommissarbefehl. Wehrmacht und NS-Verbrechen an der Ostfront 1941/42“ (Ferdinand Schöningh, Paderborn 2008, gebunden, 666 Seiten, Abbildungen, 44,90 Euro). Ungeachtet des immensen Archivmaterials, das Römer für diese von dem Kieler Osteuropahistoriker Uwe Liszkowski betreute Dissertation durchforstete, werden grundlegende völkerrechtliche Fragen nicht oder nur unzureichend beantwortet. Ebenso nebulös bleibt die tatsächliche militärisch-ideologische Funktion des „Kommissars“ in der Roten Armee. Ob diese Personengruppe nicht wirklich „Urheber barbarisch asiatischer Kampfmethoden“ war und daher keine „völkerrechtliche Schonung“ verdiente, wie propagandadistisch behauptet, bleibt bei Römer in dem Maße offen, wie er bemüht ist, das vielfach dokumentierte verbrecherische Tun der „politischen Kommissare“ als deutsche „Projektionen“ zu relativieren. So kann hier wieder die zur Genüge  bekannte „Täter/Opfer“-Schablone zur Anwendung kommen, was schwerlich die Verlagswerbung rechtfertigt, der Verfasser habe eines der „wichtigsten Bücher geschrieben, die in den letzten Jahren zum Zweiten Weltkrieg erschienen sind“.

 

Westpreußen. Das seit 1949 erscheinende Westpreußen-Jahrbuch offeriert dem geneigten Leser 2009 seinen 59. Jahrgang, also den 60. Band (herausgegeben von Hans-Jürgen Kämpfert, Westpreußen-Verlag, Münster 2009, broschiert, 144 Seiten, Abbildungen, 15 Euro). Geboten wird eine vielleicht etwas zu bunte Vielfalt miszellenartig kurzer Beiträge zur Heimatgeschichte des Weichsellandes. Zur Kultur- und Bildungsgeschichte steuert Rainer Zacharias eine biographische Skizze über den zuletzt in Marienburg als Gymnasiallehrer tätigen Altphilologen und Kommunalpolitiker Friedrich Jakob Heidenhain (1845–1912) bei, während Beate Borowka-Clausberg einen Blick auf das Danziger Geburtshaus von Johanna Schopenhauer („Schildkrötenhaus“) wirft. Die einzigen längeren Aufsätze stammen aus den Federn von Günter Hagenau („Zum Armenwesen im Preußenland“) und Jürgen Gojny, der an Max Reimann erinnert, den aus Elbing stammenden, recht glücklos agierenden KPD-Vorsitzenden der frühen Adenauer-Zeit. Die Justizgeschichte berücksichtigen Jürgen W. Schmidt („Der Untergang des Danziger Schoners ‘Adolph Ottomar’ an der dänischen Küste 1845 – ein Fall von versuchtem Versicherungsbetrug“) und Gerhard Werner („Westpreußen in hundert Jahre alten Gerichtsentscheidungen“).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen