© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/09 13. März 2009

Frisch gepresst

Wilhelm Lehmann. Person und Werk Wilhelm Lehmanns (1882–1968) ist nicht erst durch die vor kurzem erfolgte Gründung einer literarischen Gesellschaft in seiner Heimatstadt Eckernförde neue Aufmerksamkeit zuteil geworden (zuletzt JF 29/08). Bereits in den 1990er Jahren regten zahlreiche Passagen aus den unveröffentlichten Kriegsnotaten des Autors, die Walter Kempowski in sein „Echolot“ einbaute, manchen Leser an, den vergessenen Lyriker und Erzähler für sich wiederzuentdecken. Daneben, seit nunmehr fast drei Jahrzehnten, sorgte die bei Klett-Cotta erscheinende Werkausgabe für ein Minimum an Präsenz. So fällt der Literaturfreund nicht gänzlich aus allen Wolken, wenn ihm jetzt die beiden Ziegelsteine einer Edition begegnen, die Ricarda Dick besorgt hat. Aus den gutbestückten Nachlässen der beiden Korrespondenten hat sie den sich von 1931 bis 1968 erstreckenden Briefwechsel zwischen Lehmann und dem 1933 emigrierten deutsch-jüdischen Schriftsteller Werner Kraft herausgegeben (Wallstein Verlag, Göttingen 2009, gebunden, 1.463 Seiten, Abbildungen, 68 Euro). Bis 1938 gelang es Lehmann, über Dänemark die deutsche Zensur austricksend, brieflichen Kontakt mit dem in Palästina lebenden Kraft zu halten. Im Winter 1945 geht es dann mit Fleiß weiter, und so entsteht Brief für Brief ein von zwei kritischen Außenseitern gefertigtes Mosaik der Geistes- und Literaturgeschichte der frühen Bundesrepublik, die Kraft und Lehmann wie eine billige Kopie Weimarer Verhältnisse anmutete.

 

Walter Kempowski. Als der lange Jahre vom Literaturbetrieb verkannte und ignorierte Walter Kempowski Anfang Oktober 2007 starb, widmete dem Vaterlandsliebenden mit Gerhard Henschel ausgerechnet ein „Vaterlandsfeind“ (Kempowski über Henschel) einen der einfühlsamsten Nachrufe. Das mochte freilich nur auf den ersten Blick überraschen, hatten sich die beiden doch bereits 1984 kennen- und im Laufe der Jahre auch schätzengelernt. Jetzt hat Gerhard Henschel eine Biographie Kempowskis vorgelegt (Da mal nachhaken: Näheres über Walter Kempowski. Dtv, Stuttgart 2009, broschiert, 240 Seiten, Abbildungen, 14,90 Euro), die sich als Ergänzung zu der 2004 von Dirk Hempel veröffentlichten (JF 19/04) versteht. Seinen Anspruch, den Leser einzuladen, „an einer Entdeckungsreise durch die Archive teilzunehmen, unverhofft auftauchenden Zeitzeugen zu begegnen und Kempowskis Werke, seine Denkweise, sein Temperament und seine öffentliche Rolle aus vielen verschiedenen Perspektiven zu betrachten“, löst Henschel vorbildlich ein.

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