© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/09 20. März 2009

Simbabwe läßt grüßen
Südafrika: Wegen der mißlungenen Bodenreform muß das Land Nahrungsmittel importieren / Schwarze zum „Haß auf Arbeit“ erzogen?
Christian Vollradt

Zum ersten Mal in seiner Geschichte ist Südafrika auf den Import von Lebensmitteln angewiesen. Wie die in Johannesburg erscheinende Sunday Times Anfang März berichtete, ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln durch die mißlungene Bodenreform massiv gefährdet. Dies könnte auf längere Sicht zu einer Krise wie im Nachbarland Simbabwe führen (JF 19/08). Mit der wachsenden Bevölkerung kann die eigene Produktion von Getreide, Gemüse und Früchten nicht mehr Schritt halten. Während seit den neunziger Jahren die Bevölkerung um 32 Prozent auf insgesamt etwa 45 Millionen Menschen zunahm, konnte die landwirtschaftliche Produktion nur mit einem Anstieg in Höhe von zehn Prozent mithalten.

Mit der 1994 begonnenen Reform sollte die Verteilung von landwirtschaftlichem Grundbesitz nach dem Ende der Apartheid neu geregelt werden. Zu dieser Zeit befanden sich über achtzig Prozent der produktiven landwirtschaftlichen Fläche in der Hand weißer Farmer. Ziel der Reform war es, innerhalb von fünfzehn Jahren rund dreißig Prozent des gesamten Ackerlandes an neue – meist schwarze – Bauern zu vergeben (JF 25/08). Von diesem Anteil ist man jedoch noch weit entfernt. Mittlerweile verlängerten die Behörden zum vierten Mal den ursprünglich im Jahr 2005 auslaufenden Anmeldeschluß für Ansprüche auf Landbesitz. Die daraus resultierende Unsicherheit veranlaßte viele weiße Farmer, nicht mehr in ihre Betriebe zu investieren. Andere wiederum wandern aus und bauen sich beispielsweise in Botswana oder Mosambik eine neue Existenz auf.

Für manche Betriebe bedeutet jedoch die Übernahme durch Neubauern den wirtschaftlichen Ruin. So liegen in Weenen (KwaZulu-Natal), einem der wichtigsten Gemüseanbaugebiete, vier Jahre nach der Restitution sieben einst hochproduktive Farmen mit über zehntausend Hektar Land brach. Ebenfalls in KwaZulu-Natal rottet ein für 22 Millionen Rand (etwa 2,3 Millionen Euro) von der Regierung geschaffenes Bewässerungssystem für Neubauern seit Jahren ungenutzt vor sich hin. Eine wirtschaftlich erfolgreiche Kartoffelfarm in den Midlands von KwaZulu-Natal ist mittlerweile zu einem behelfsmäßigen Fußballfeld verwahrlost, eine Teeplantage in Magoebaskloof (Limpopo) inzwischen wieder zu Urwald geworden.

Auf einer restituierten Farm in derselben Provinz mußten Presseberichten zufolge fünf Tonnen Macadamianüsse wegen zu schlechter Qualität im Fluß Levubu entsorgt werden.  Experten des Center for Developmant and Enterprise (CDE) schätzen, daß gut die Hälfte aller Bodenreformprojekte fehlgeschlagen ist. Daraus folge, daß sich die Lebensbedingungen für die Landbevölkerung praktisch nicht verbessert hätten, während die Preise für Nahrungsmittel gestiegen seien.

Laut Sunday Times ist für diese Fehlentwicklung vor allem das Kompetenz-wirrwarr der verschiedenen Institutionen verantwortlich. Da die Farmen nach der Restitution zumeist Gemeinschaftsunternehmen sind, gebe es eine zu groß Zahl von Entscheidungsträgern. Andrew Mphela, Chef der Bodenreformkommission, sieht dagegen die Schuld im früheren System der Rassentrennung: Es habe die Schwarzen zum Haß auf Arbeit erzogen, da diese nur unter Zwang geleistet worden sei.

Foto: Rinderweide vor und nach der Bodenreform: Farmland-Übernahmen durch schwarze Neubauern bringen häufig den wirtschaftlichen Ruin

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