© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/09 20. März 2009

Das Märchen vom inneren Nazi-Feindesland
In der „Süddeutschen Zeitung“ jammert der einstige Medienliebling Alois Mannichl seiner verflossenen Glaubwürdigkeit nach
Doris Neujahr

Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Auch der Süddeutschen Zeitung (SZ), die den Fall des Alois Mannichl zum Anlaß genommen hatte, einen scharfen Kurs gegen das innere Nazi-Feindesland zu fahren, erscheint die Geschichte vom vorweihnachtlichen Lebkuchenmesser-Attentat nicht länger belastbar und Mannichl selber als dubios.

Am 13. März konfrontierten zwei Journalisten der SZ Deutschlands berühmtesten Polizeidirektor aus dem bayerischen Fürstenzell mit den Widersprüchen in seinen Darstellungen und den Zweifeln der Ermittler. Mannichl wirkt in dem Interview beleidigt, mitleidheischend, unterwürfig, sein Satzbau entspricht dem eines bockigen Viertkläßlers. Sein eben noch hochgelobter „Kampf gegen Rechts“ reduziert sich auf ein privates Mütchen, das er kraft der ihm verliehenen Staatsgewalt an längst Deklassierten kühlt: „Suchen Sie die direkte Konfrontation?“

Leider fassen die Fragesteller nicht energisch genug nach und erkundigen sich nicht, in welcher Beziehung seine Frau, die einen Pflegedienst betreibt, zur widerlegten Zeugin steht, die die Ermittler auf die falsche „Nazi“-Spur schickte und die ebenfalls als Altenpflegerin arbeitet. Und wenn Mannichl jammert: „Aber jetzt heißt es, sogar der Messerstich soll nicht wirklich heftig gewesen sein“, hätte man mit der Frage nach seinem Krankenbericht kontern müssen.

Aber trotz der Unterlassungen ist der Eindruck, den der verflossene Liebling der engagierten, demokratischen, pluralistischen, der Freiheit und Menschenwürde verpflichteten usw. Medien hinterläßt, absolut vernichtend. Zwei Tage später hat übrigens der Stern ein gegenläufiges Interview ins Netz gestellt, in dem Mannichl unter anderem dadurch Artikulationshilfe erhält, daß ihm entschuldigende Antworten gleich in den Mund gelegt werden. Erhellender werden seine Aussagen dadurch nicht.

Er bleibt dabei, daß ihn „ein strammer, fanatischer Rechtsradikaler“ niedergestochen habe. Das mag so sein – oder auch nicht. Der einzige Zeuge dafür heißt Alois Mannichl, der den Täter nur erstaunlich vage beschreibt, und auch die fünfzigköpfige Sonderkommission hat in dreimonatiger Recherchearbeit keinen einzigen Beleg dafür gefunden. Doch unabhängig davon, was in der Adventszeit 2008 vor seiner Haustür wirklich passiert ist, kann und darf Mannichl, nachdem er sich auf diese Tatversion festgelegt hat und sie sich als politisches und mediales Großereignis verselbständigt hat, gar nichts anderes sagen. Sollte sich ein abweichender Tatverlauf herausstellen oder er ihn einräumen, drohen ihm Rauswurf, Pensionsverlust, ein strafrechtliches Verfahren, eine Schadenersatz-Klage, eine Hartz-IV-Existenz (denn welche Wachschutzfirma würde so einen einstellen?) und – als „Kameradenschwein“, der die Kollegen über Monate sinnlos durch die Gegend hetzen ließ – die gesellschaftliche Isolation. Er muß beten, daß die Affäre sich in dem von ihm behaupteten Sinne aufklärt oder wenigstens im Sande verläuft.

Auf jeden Fall sind es, wie das Interview in der Süddeutschen Zeitung zeigt, nicht gerade die stärksten Charaktere, die vom staatlichen Kampf gegen Rechts nach oben gespült werden.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen