© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/09 20. März 2009

Meldungen

Karl und Rosa: Gefahren eines fragilen Mythos

BERLIN. Peter Steinbach (Mannheim) ist es vorbehalten, uns einmal mehr über die bekannten „Widerstände“ gegen den „Widerstand“ in 60 Jahren BRD zu informieren. Er liefert damit den schwächsten Beitrag zum „Jubiläumsheft“, das die Redaktion des Deutschland-Archivs (1/09) im 60. Gründungsjahr jener Bonner Republik konzipiert, deren politische Klasse zwischen 1969 und 1989 kaum noch etwas unternahm, um den Fortbestand der gleichaltrigen DDR zu gefährden. Wie die Studie von Barbara Könczöl (Cambridge) über „Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht als Märtyrer der SED“ belegt, resultierte die Instabilität des SED-Regimes darum eher aus hausgemachten Widersprüchen – nicht zuletzt aus einer noch fragileren „Traditionserfindung“ als im Fall des „20. Juli“. Daß die Geschichte von „Karl&Rosa“ zum „Herrschaft fundierenden Narrativ der Partei“ werden konnte, um die SED als „Vermächtnisvollstreckerin“ ihres Erbes zu präsentieren, führte nämlich zu einer fatalen Konsequenz: Die Sakralisierung der beiden KPD-Gründer schlug um in die Sakralisierung ihrer „Erben“, der SED. Kritik, die sich leicht aus dem „anti-leninistischen“ Kurs Luxemburgs ableiten ließ, mußte stets einem Anschlag auf das SED-Deutungsmonopol gleichkommen. Als im Januar 1988 Luxemburg öffentlich von einigen Dissidenten gegen die Partei in Stellung gebracht werden konnte, war dies daher der Startschuß für einen rasanten Prozeß der Delegitimierung, der zum Mauerfall führte.

 

Plutokratische Elemente in der US-Demokratie

BERLIN. Spricht der Berliner Soziologe Jens Alber über die USA, gerät er leicht ins Schwärmen: über den „großartigen Gedanken unveräußerlicher Menschenrechte“, den wir der US-Unabhängigkeitserklärung verdankten, oder über die „Wehrhaftigkeit ihrer Demokratie“, die nicht im „Faschismus oder Bolschewismus“ versank. Läßt Alber jedoch derart Konfessionelles einmal beiseite, ergibt sich aus seiner Nachbetrachtung zur Obama-Wahl ein weniger helles Bild von der politischen Verfassung der USA. So registriert Alber die eklatanten Schwächen eines Wahlsystems, das nicht nur zwei Millionen Bürgern, die im Gefängnis sitzen, vorwiegend männliche Schwarze, ihr Wahlrecht entzieht, sondern das immer noch von einer ökonomisch determinierten Ungleichheit der politischen Beteiligung geprägt sei. In den höheren Einkommensschichten gingen neunzig Prozent zur Wahl, in den unteren nur die Hälfte. Das rechtfertige, auf die „plutokratischen Elemente“ der US-Demokratie hinzuweisen, in der sich  eine „viel stärkere Überlagerung von ökonomischer und politischer Ungleichheit“ aufzeigen lasse als in den politischen Ordnungen Europas (Mitteilungen des Wissenschaftszentrums Berlin, 123/2009).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen