© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/09 27. März 2009

Noch schnell vor der Finanzkrise Neuwahlen in Montenegro
Alexander Rüstau

Eigentlich sollten die vorgezogenen Parlamentswahlen in Montenegro erst im Herbst stattfinden, nachdem das Parlament in Podgorica am 27. Januar seine Selbstauflösung beschlossen hatte. Doch Premier Milo Đukanović drängte, worauf Präsident Filip Vujanović den 29. März als neuen Termin festlegte. Offiziell wurde dies mit den Herausforderungen der EU-Annäherung begründet. Die Opposition wirft der Regierung jedoch vor, sich mit einem „frischen Mandat“ versorgen zu wollen, ehe sich die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise auch auf Montenegro auswirkt.

In der Tat hat Đukanović gute Aussichten auf Wiederwahl. In einer Koalition mit den Sozialdemokraten unter Ranko Krivokapić regiert seine aus dem montenegrinischen Teil des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens (SKJ) hervorgegangene Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) das Land seit über zehn Jahren. 2006 wurde es nach 88 Jahren wieder in die Unabhängigkeit geführt. Im Dezember letzten Jahres beantragte Montenegro (welches den Euro einseitig als offizielles Zahlungsmittel führt) den EU-Kandidatenstatus, was der Regierung zusätzliche Sympathien einbrachte. Die konstante Zustimmung für Đukanović zeigte sich zuletzt bei den Kommunalwahlen in der Adriastadt Kotor, welche die DPS souverän für sich entscheiden konnte.

Für die Opposition kommt der Wahltermin deutlich zu früh. So hat sich die Serbische Liste als Vertreterin der jugo-nostalgischen Minderheit aufgelöst. Ihr Chef Andrija Mandić gründete im Januar die Partei Neue Serbische Demokratie (NSD), mit der er auch zur Wahl antritt. Die Serben stellen mit rund 30 Prozent Bevölkerungsanteil die stärkste nationale Minderheit in Montenegro. Die bürgerlich-liberale Bewegung für Veränderung (PzP) von Nebojsa Medojević kämpft gegen ihre Spaltung. Der Partei mangelt es an Profil und Stammwählern. Nur die auch aus dem früheren SKJ hervorgegangene Sozialistische Volkspartei (SNP) konnte durch eine klare Programmatik ihre Anhänger wieder hinter sich scharen.

Wer Montenegro künftig regieren soll, entscheiden die 484.000 Wahlberechtigten. Diese werden nach altem Modus ihre Stimme abgeben. Das verfassungsmäßig vorgesehene neue Gesetz kam nicht zustande. Aber auch manch andere Dinge (Stichwort Schmuggel) gehen im Land der schwarzen Berge (Crna Gora) nicht immer mit rechten Dingen zu.

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