© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/09 24. April 2009

Lachnummer auf hoher See
Piratenjagd: Im Kampf gegen Seeräuber vor Afrika werden die deutschen Streitkräfte von bürokratischen Vorschriften gebremst
Paul Rosen

Für Hardliner ist die Sache klar: „Wir kommen nicht umhin, Mutterschiffe anzugreifen und gekaperte Schiffe zu befreien“, verlangt der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbandes, Ulrich Kirsch. Und der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl kann sich des Beifalls im Bierzelt sicher sein, wenn er fordert: „Die Schiffe der Seeräuber müssen auf hoher See unverzüglich versenkt werden.“

Gewiefte Rechtsanwälte haben inzwischen somalische Piraten als Klientel entdeckt und strengen vor deutschen Gerichten Prozesse an, weil die Marine mehrere vor der somalischen Küste gefangengenommene Piraten in Kenia abgeliefert hat, wo sie wegen Seeräuberei vor Gericht gestellt werden sollen. Die Anwälte kritisieren unzumutbare Haftbedingungen, bezweifeln ein  rechtsstaatliches Verfahren und fordern die Überstellung an die deutsche Justiz. Ihre Mandanten seien „wie menschlicher Giftmüll“ in kenianischen Gefängnissen entsorgt worden, empörte sich ein Anwalt. Die Europäische Union hatte mit Kenia ein Abkommen geschlossen, in dem sich das Land zur Aufnahme von Piraten bereit erklärt und einen fairen und rechtstaatlichen Prozeß zusichert. Ob das wirklich so rechtsstaatlich zugeht, will der Grünen-Abgeordnete Jürgen Trittin erkunden: Er kündigte an, als Beobachter an einem Piraten-Prozeß in Kenia teilnehmen zu wollen.

An Bord der deutschen Schiffe ist von regelrechten Lachnummern die Rede, wenn Gefangene gemacht werden. Deutsche Soldaten müssen den „Gästen“ die Toiletten schrubben, das Essen muß muslimischen Vorschriften entsprechen, und während der Gebetszeiten sind Durchsagen durch die Bordlautsprecher verboten, damit die Söhne Allahs nicht im Gebet gestört werden. Zudem ist die verfassungsrechtliche Frage, ob Piraten von der Bundeswehr oder von der Polizei bekämpft werden dürfen, noch unbeantwortet. Auf einem deutschen Kriegsschiff soll es wegen der Befehlsgewalt zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Kapitän und an Bord befindlichen Polizeikräften sowie gleichzeitig in Berlin zwischen Verteidigungs- und Innenministerium gekommen sein.

Andere Länder verhalten sich anders. Amerikanische Soldaten erschossen offenbar gezielt drei Piraten, die in einem Boot einen amerikanischen Kapitän als Geisel bei sich hatten. Und die französische Marine enterte kurzerhand eine entführte Yacht. Dabei kamen aber nicht nur die Piraten, sondern auch der als Geisel genommene Eigentümer des Schiffs ums Leben.

Piraterie ist zweifellos eine Geißel der Menschheit. Für die globale Wirtschaft führt Piraterie zu erheblichen Kostensteigerungen und Lieferverzögerungen. So sind für Schiffe, die den Golf von Aden passieren wollen, deutlich höhere Prämien bei Versicherungen fällig als auf der sicheren Nordatlantik-Route. Wenn Ladungen mit wochenlanger Verspätung ankommen, dann gibt das Ärger mit den Empfängern. Die den Piraten zu zahlenden Lösegelder schmälern den Gewinn der Reeder. Die Piraterie ist längst Bestandteil der organisierten Kriminalität, und auch der islamische Terrorismus dürfte in Somalia inzwischen viele Finanzierungsquellen haben.

Zur Bekämpfung des Problems, das Islamisten als Teil des „Heiligen Krieges“ gegen die Christenheit ansehen, dürften die 20 internationalen Kriegsschiffe und das Mandat der EU-Mission „Atalanta“ nicht ausreichen. Brüssel hat die Mission gestartet, um Hilfslieferungen für hungernde Somalis sicheres Geleit zu geben. Das ist auch gelungen. Die Bekämpfung der Piraterie steht an letzter Stelle des Mandats. Daher konnten Piraten seit Dezember 22 Schiffe kapern. Militär-Experten verlangen den stärkeren Einsatz von See-Fernaufklärungsflugzeugen, um die Meeresregion unter Kontrolle zu bekommen.

Aber zum Kampf gegen Piraten gehört mehr. Als Pompejus 67 vor Christus mit 500 Schiffen und über 100.000 Mann von Rom aus gegen die Piraten im Mittelmeer ausrückte, die das Römische Reich gefährdeten, versenkte er zwar deren Schiffe und hängte viele Piraten auf. Aber Pompejus tat noch mehr. Die Piratennester wurden aufgelöst, die Menschen an anderen Orten mit römischer Hilfe neu angesiedelt. Wer heute Piraten im Golf von Aden erfolgreich bekämpfen will, muß an Land gehen. Doch dieser Erkenntnis verweigert sich der Westen.

Foto:  Deutsche Marinesoldaten nehmen vor Somalia Piraten gefangen: Angriff auch auf Mutterschiffe?

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