© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/09 24. April 2009

Frisch gepresst

Heidegger. Als 2005 der Pariser Descartes-Exeget Emmanuel Faye sich ins 20. Jahrhundert und in die deutsche Philosophiegeschichte verirrte, um ein Buch über Martin Heidegger und „Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie“ zu präsentieren, stieß er auf weitgehende Ablehnung in Frankreich wie im Land des „Seyns-Denkers“. Zu sehr erinnerten seine holzschnittartigen Thesen an das Machwerk des chilenischen Soziologen Víctor Farías, das 1987 auch zunächst auf den französischen Markt kam, bevor es, von Jürgen Habermas bevorwortet, 1989 auf deutsch erschien. Im Unterschied zu Farías, der auf eine Analyse von Heideggers Werk weitgehend verzichtete und sich damit begnügte, aus einem Wust schlampig recherchierter Lebensdaten eine „braune Verstrickung“ des „Meisters aus Deutschland“ zu konstruieren, geht es Faye indes darum, die nationalsozialistische Weltanschauung, speziell den NS-Rassegedanken, als das eigentliche Zentrum der Heideggerschen Philosophie zu „entlarven“. Dieser „völkische“ Kern und sein angeblich auf „Vernichtung“ zielendes Potential, so Faye, sei dem Werk vor 1933 eigen gewesen, und er habe sich nach 1945 keineswegs aufgelöst. Fayes Deutungsraster, das wie ein manipuliertes Glücksrad stets die erwünschten Resultate liefert, geht auf einen extrem eindimensional-ahistorischen Vernunftbegriff zurück. Für Faye gibt es nur eine „Vernunft“, und die ist verpflichtet auf „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Wer wie Heidegger in dieses simple Schema nicht paßt, negiert „die Menschheit“, wahlweise „die menschliche Existenz“ und ruft bei Faye gar „Übelkeit“ hervor (Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie. Matthes&Seitz Verlag, Berlin 2009, gebunden, 557 Seiten, 39,90 Euro).

 

Die Schlei. Aus der Perspektive von Google Earth nimmt sich der blaue Strich, der sich 40 Kilometer tief  ins schleswig-holsteinische Binnenland hineinschlängelt, tatsächlich wie ein Fluß aus. Und doch ist es die Ostsee, die mit einer ihrer Förden bis nach Schleswig reicht. Roland Pump widmet der Schlei, die er als „eine der schönsten Landschaften Deutschlands“ rühmt, ein Fotobändchen, bei dem vor allem Pumps Vorliebe für „dräuende“ Farbgestaltung auffällt: Viele Aufnahmen zeigen die Landschaften unter der dramatischen Drohung eines nahenden Gewitters, was den Eindruck weltferner Ursprünglichkeit nicht unwesentlich steigert, wenn auch in der drucktechnischen Wiedergabe hier und da ein zu starker „Schwarzstich“ zu bemängeln ist. Insgesamt ist das Büchlein, dessen Bilderläuterungen sich mit der Historie dieses Kulturraums wohlvertraut zeigen, als handlicher Reisebegleiter zu empfehlen (Die Schlei. Der lange Arm der Ostsee. Husum Verlag, Husum 2008, gebunden, 64 Seiten, bebildert, 8,95 Euro).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen