© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/09 19. Juni 2009

Thomas Oppermann. Der Mann im Hintergrund zieht in der SPD die Strippen.
Die Reserve
Christian Vollradt

Außerhalb des politischen Betriebs in Berlin ist der Mann nahezu unbekannt. „Das könnte sich nach der Bundestagswahl ändern“, bemerkte unlängst der Cicero, denn unter Journalisten gilt er als einer der kommenden roten Häuptlinge.

Thomas Oppermann ist zur Zeit Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, ein Politiker, der zwar nicht im Rampenlicht steht und doch als entscheidender Strippenzieher die Geschicke der Abgeordneten der Großen Koalition lenkt. Der 55jährige Jurist aus dem Wahlkreis Göttingen beendet zwar gerade erst seine erste Legislaturperiode im Bundestag, ein Neuling ist er dennoch mitnichten. Als sich Gerhard Schröder 1990 anschickte, mit einer rot-grünen Koalition die CDU-Regierung in Hannover abzulösen, zog Oppermann in den Landtag ein. Zwei Legislaturperioden später wurde er Minister und blieb dies bis zum Machtwechsel 2003.

Sein Geschick, sich mit einem „Sowohl als auch“-Kurs durch die Lager der Partei zu lavieren, stellte er früh unter Beweis, als in der Universitätsstadt während der ersten Hälfte der neunziger Jahre der Furor der linksextremen „Autonomen Antifa M“ (JF berichtete) seinen Höhepunkt erreichte. Eine Fraktionskollegin, die damals fleißig auf den gewalttätig eskalierenden Demos mitmarschierte, kanzelte der Unterbezirksvorsitzende mit den Worten ab, sie habe einen „Sockenschuß und Autonomen-Fimmel“.

Andererseits kritisierte Oppermann, damals rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, im Februar 1995 die wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen die Antifa ermittelnde niedersächsische Generalstaatsanwaltschaft, sie habe „das Augenmaß verloren“. Klammheimlich soll der ehemalige Verwaltungsrichter dann daran mitgewirkt haben, den anberaumten Großprozeß gegen siebzehn Angehörige des „Schwarzen Blocks“ vorzeitig zu beenden, nachdem die Angeklagten ein Schuldeingeständnis unterzeichnet und Geld an eine gemeinnützige Einrichtung gezahlt hatten. Zum Feind der Linken innerhalb wie außerhalb seiner Partei machte sich der smarte Genosse endgültig, als er am Ende seiner Amtszeit als Wissenschaftsminister in Niedersachsen Studiengebühren für Langzeitstudenten einführte.

Dabei gelangte der heutige „Seeheimer“ 1980 eher von links in die SPD. Vor seinem Studium war Oppermann 1976 im Rahmen der „Aktion Sühnezeichen“ in den USA. Dort habe er gelernt, „durch Graswurzelaktivitäten die Demokratie von unten zu beleben und die Interessen unterprivilegierter Schichten effektiver zu vertreten“, schwärmt er noch heute.

Eine erste Schlüsselstellung in Berlin nahm er 2006 als Obmann im Geheimdienst-Untersuchungsausschuß ein, wo er sich zunehmend in der Rolle des Verteidigers von Frank-Walter Steinmeier behauptete. Egal, wie schlecht auch dessen Chancen im kommenden Herbst stehen mögen: Oppermann wird bereits als der nächste Fraktionschef der SPD im Bundestag gehandelt.

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