© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/09 19. Juni 2009

UMWELT
Heimatvertrieben für Öl, Gas und Biosprit
Volker Kempf

Fortschritt durch Wirtschaftswachstum ist das allgemein akzeptierte Ziel. Daß dies aber eine Schattenseite hat, will kaum jemand hören. Für die Gewinner ist die Sache schließlich klar, weil es Arbeit und Wohlstand  gibt. Eine Weltwirtschaftskrise ist da ein Desaster, für die andere Seite aber eine bescheidene Verschnaufpause. Denn alles hat seinen Preis, so auch der fragwürdige Fortschritt, für den Regenwald geopfert wird und Tiere ihren Lebensraum verlieren. Auch Menschen verlieren mit dem Regenwald ihre Heimat. Das ist nicht neu, aber darüber wurde in den letzten Tagen in den internationalen Medien berichtet. Denn es waren immerhin etwa 30.000 Ureinwohner, die in Peru von April bis Anfang Juni die Zufahrtstraßen zu ihren Territorien blockierten. Bei schweren Ausschreitungen wurden nach letzten Meldungen 22 Polizisten und 30 Indios getötet und mehr als 150 Personen verletzt.

Der Vorwurf der Indios: Ihre angestammten Rechte auf Nutzung des Landes in der Region würden verletzt, weil die Regierung weite Teile des Amazonas für die Ausbeutung von Öl-, Gas- und Mineralienvorkommen freigibt sowie die Konzessionierung der Urwaldgebiete an Holz- und Palmölplantagenbetreiber vornimmt. Letztere erzeugen dann für die globalisierte Zivilisation den vermeintlichen „Bio-Sprit“. Heimatvertreibung findet heute statt, weil die letzten Winkel der Erde geplündert werden. Defizitäre politische Systeme verschlimmern die Situation noch. Das Ziel, der „Völkervertreibung weltweit entgegenzuwirken“ (Stiftung Zentrum gegen Vertreibung), erfordert damit, auch die neuen Bedingungen in der Welt hierfür in den Blick zu nehmen. Wahrhaftigkeit ist die Voraussetzung für wahren Fortschritt.

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