© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/09 19. Juni 2009

Reportage des Bayerischen Fernsehens: Die „Pusterer Buben“ – eine Südtiroler Freiheits-Geschichte
In Italien stehen sie noch auf der Fahndungsliste
Christian Dorn

Das Jahr 1919 war nicht nur Anfangspunkt für die Vertreibung der Sudetendeutschen. Es begründete ebenso die Frage um Südtirol, als Italien – im Friedensvertrag von Saint Germain – ein Gebiet zugesprochen wurde, das seit über einem halben Jahrtausend zu Österreich gehört hatte und zu 99 Prozent von einer deutschsprachigen Bevölkerung bewohnt war. Dies stand im eklatanten Widerspruch zum damals verkündeten Selbstbestimmungsrecht der Völker. Durch das Handeln Hitlers, der eine „Heim ins Reich“-Politik betrieb, wurde die von den Faschisten betriebene Okkupation Südtirols zudem auf fatale Weise befördert. Dennoch erschien Südtirol auch nach 1945 im Bewußtsein vieler Deutscher – wie etwa des späteren Bundespräsidenten Karl Carstens 1959 – als „urdeutsches, manchen als das deutscheste aller deutschen Länder“. Mit diesen Worten hatte Carstens, seinerzeit Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, dem österreichischen Botschafter die Situation zu verdeutlichen gesucht. Daß es 1969 schließlich zum „Operationskalender“ kam, welcher in der Folge die Autonomie der Region tendenziell wieder herstellte, dürfte jedoch in erster Linie dem militanten Widerstand der Südtiroler von 1961 zu verdanken sein.

Diesen bezeichnete der italienische Botschafter in Bonn, Gastone Guidotti, als „erste deutsche Militäraktion seit dem Kriegsende“. Südtiroler Bauernburschen hatten in der Nacht des Herz-Jesu-Festes Stromleitungsmasten in ganz Südtirol gesprengt. Zu den wenigen, die der Verhaftungswelle der Polizei entkamen, gehörten die Südtiroler Bauernburschen aus dem Pustertal: Josef Forer, Siegfried Steger und Heinrich Oberleiter – „Terroristen“ für die italienischen Behörden, die sie 1969 in Abwesenheit zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilten, „Pusterer Buben“ für ihre Südtiroler Landsleute. Heute leben sie als freie Bürger in Österreich und Bayern – und grüßen auf diesem Weg ihre Fahnder.

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