© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/09 17. Juli 2009

Zeitschriftenkritik: LARPzeit
Lebendige Spielwelten
Werner Olles

Die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift LARP-zeit wendet sich an die ständig wachsende Gemeinde der Anhänger des „Live Action Role Playing“ (LARP), das mitunter auch als „Live Adventure Role Playing“ bezeichnet wird. Doch egal ob Action oder Abenteuer, in jedem Fall handelt es sich um ein Live-Rollenspiel, bei dem die Spieler bzw. Laiendarsteller ähnlich wie in einem Improvisationstheater die Figuren und Charaktere auch physisch selbst darstellen.

Die Szenarien dieser Live-Rollenspiele stammen zumeist aus dem Fantasybereich, wobei auch Science Fiction, Horror, Western, Endzeitapokalypsen oder historische Szenarien nachgespielt werden, wie jüngst die Varusschlacht in Kalkriese mit über 400 Laiendarstellern (JF 28/09). Doch in der Regel haben die etwa 500 bis 600 öffentlich ausgeschriebenen und von Privatleuten oder Vereinen organisierten Live-Rollenspiele in Deutschland zwischen 20 und 500 Teilnehmer. Allerdings können bei besonderen Anlässen wie dem „Drachenfest“ auch schon mal bis zu 5.000 Spieler teilnehmen. Den Rekord hält das alljährlich in England stattfindende „Gathering“ mit fast 10.000 Spielern.

Das Live-Rollenspiel-Magazin LARPzeit bietet seinen Lesern auf fast neunzig Seiten zahlreiche Tips, stellt neue Konzepte vor, berichtet über Veranstaltungen und präsentiert in jeder Ausgabe ein Schwerpunktthema. Im aktuellen Heft lautet das Titelthema „Handwerk“. Erzählt wird die Geschichte eines Berufsstandes mit „goldenem Boden“, von der ersten Verwendung natürlich oder künstlich hergestellter Werkzeuge viele tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung über die Welt der Zünfte und Gilden im Mittelalter und ihre Funktion als Berufsvereinigung von Händlern und Handwerkern bis zum Beginn der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Im Live-Rollenspiel tragen gut dargestellte Handwerkscharaktere bedeutend zur lebendigen Spielwelt bei: Ob als junger Schustergeselle auf Wanderschaft, der von seinen harten Lehrjahren berichtet oder brummiger Schmied, der nach der Schlacht an der Esse die zerschlagenen Rüstungen wieder zusammenflickt, bei LARP gibt es kein definiertes Spielziel, sondern Spiel und Spaß am Darstellen der Figuren ist das eigentliche Ziel.

Über „Schreiber und Schreibkunst im Mittelalter“ berichtet ein weiterer Beitrag. So waren zu Zeiten Karls des Großen höchstens ein bis drei Prozent der Gesamtbevölkerung, fast ausschließlich Mönche und Priester, des Schreibens und Lesens mächtig. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren es immerhin geschätzte zehn bis dreißig Prozent der Stadtbewohner, doch noch immer bestand die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung aus Analphabeten. Daher entstanden im Hochmittelalter in den aufstrebenden Städten Kanzleien, die meist einem Stadtschreiber unterstanden. Hier wurden die Stadtbücher geführt, Ratsprotokolle angefertigt, Urkunden ausgestellt und der ein- und ausgehende offizielle Schriftverkehrt bearbeitet. Hier wirkte auch ein Experte für Datierung, Siegelung, Gestaltung und Schönschreiben, der secretarius.         

Anschrift: Zauberfeder Verlag. Witzlebenstr. 2, 38116 Braunschweig. Das Einzelheft kostet 5 Euro. Internet: www.LARPzeit.de

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