© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/09 24. Juli / 31. Juli 2009

Deutsch-polnischer Kleinkrieg
Sachsen: Angesichts einer anhaltend hohen Kriminalitätsrate im Grenzgebiet zu Polen und Tschechien hat die Polizei die Kontrolldichte erhöht
Paul Leonhard

Die hohe Kontrolldichte im sächsischen Grenzgebiet zu den polnischen und tschechischen Nachbarn zeigt Erfolge. Kein Tag vergeht, ohne daß vor allem Polen festgenommen werden, die wegen Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung, Diebstahl, Trunkenheit im Verkehr, Fahren ohne Fahrerlaubnis oder Verstoß gegen das Waffengesetz deutschlandweit per Haftbefehl gesucht werden. Andererseits ist die Kriminalitätsrate unverändert hoch.

Gegenüber 2008, als die Straftaten rund ums Auto um mehr als 30 Prozent angestiegen waren, verschärfte sich die Situation im ersten Quartal 2009 noch einmal. Wer die Lagemeldungen der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien liest, verspürt nur wenig Lust, seinen Urlaub im Grenzgebiet zu verbringen oder auch nur eine Nacht sein Auto im niederschlesischen Görlitz abzustellen. Einbrüche in Autos, Gartenlauben, Wohnungen gehören zum Alltag. Kennzeichen werden abmontiert, Autos, Motorräder und Fahrräder verschwinden täglich. Neben Fällen von Beschaffungskriminalität deutet vieles auf das Handeln organisierter Banden hin. Sofern man der Täter habhaft werden kann oder es Personenbeschreibungen gibt, sind diese meistens Polen, Tschechen oder andere Ausländer. Teilweise sogar „polizeibekannte Mehrfachtäter“ aus dem unmittelbaren Gebiet jenseits der Neiße. Laut Polizeistatistik sind 2008 selbst nach Abzug der Verstöße gegen das Aufenthalts- und Asylgesetz fast 27 Prozent der ermittelten Straftäter Ausländer gewesen. Dazu kommt eine trotz der Kontrolldichte von Bundes- und Landespolizei hohe Dunkelziffer. Auch ist die Zahl polnischer Autofahrer, die unter Drogeneinfluß im Grenzgebiet unterwegs sind gestiegen.

Außerdem gehen den Fahndern rollende Diebeslager sowie Drogen- und Zigarettenschmuggler ins Netz. So beispielsweise am Rastplatz Purschwitz auf der A 4 hinter Bautzen oder im Stadtgebiet von Görlitz oder Zittau. Bereits im vergangenen Jahr mußte Sachsens Landespolizeipräsident Bernd Merbitz einräumen, daß die Stadt Görlitz einen „idealen kriminalgeographischen Raum für Autoschieber“ biete.

Nirgendwo sonst könne man aus der Innenstadt so schnell und unkompliziert ins Nachbarland gelangen. Nach dem Wegfall der Grenzkontrollen würden geübte Kriminelle nur sechs Minuten benötigen, um ein Auto aufzubrechen und mit diesem in der polnischen Oststadt zu sein.

Daß sie dort kaum gefaßt werden können, ist der noch immer schwierigen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Polizei geschuldet. Gemeinsame Kontrollen deutsch-polnischer beziehungsweise deutsch-tschechischer Streifen sind trotz der inzwischen geschaffenen gesetzlichen Voraussetzungen die Ausnahme.

 Dabei könnten sie gerade mit den Vorurteilen aufräumen, die jetzt die Politik alarmieren. Zahlreiche polnische und tschechische Autofahrer fühlen sich von den Kontrollen auf deutscher Seite diskriminiert. Über Schikanen gegenüber seinen Landsleuten beschwerte sich beispielsweise der damalige tschechische Regierungschef Mirek Topolanek bereits im Frühjahr vergangenen Jahres. Angeblich würden bevorzugt Fahrzeuge mit polnischen und tschechischen Kennzeichen gestoppt und kontrolliert. Für Schlagzeilen sorgte insbesondere ein Vorfall mit einem polnischen Geistlichen, der nahe Görlitz von Zivilpolizisten angehalten wurde. Der Mann stellte den Motor aus, legte die Hände aufs Lenkrad und blieb im verriegelten Auto sitzen, bis die Polizei den völlig verängstigten Pfarrer aus dem gewaltsam geöffneten Fahrzeug holte. Das Ereignis sorgte dafür, daß nach Prag auch Warschau ankündigte, künftig genauso mit deutschen Autofahrern umzugehen. An der Grenze zu Deutschland solle die „Ausgewogenheit wiederhergestellt“ werden, hieß es aus dem tschechischen Innenministerium. Man werde die Verkehrskontrollen gegenüber Fahrzeugen mit deutschen Nummernschildern verstärken.

Damit droht erneut ein Kleinkrieg an der deutsch-polnischen Grenze auszubrechen, der schon einmal vor anderthalb Jahren eskalierte. Damals hatte sich die deutsche Polizei auf die peinlich genaue Kontrolle von Verbandkästen bei Autos aus dem Nachbarland konzentriert, während die Polen deutsche Autos auf die im Nachbarland für inländische Autos vorgeschriebenen Feuerlöscher durchsuchten. so bedaure ich das sehr und entschuldige mich ausdrücklich."

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