© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/09 14. August 2009

Ein Thema unter vielen
Bundestagswahl: Eine Studie zeigt, daß die Familienpolitik für viele Eltern eine große Rolle spielt, aber nicht wahlentscheidend ist
Ekkehard Schultz

Kaum ein anderes Politikfeld wurde von der schwarz-roten Bundesregierung in ähnlicher Weise mediengerecht präsentiert und vermarktet wie die Familienpolitik. Doch wie kommt die Politik von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei den Eltern an? Und welche Bedeutung wird die Familienpolitik bei der bevorstehenden Bundestagswahl spielen? Welchen Parteien geben die Eltern von rund 14 Millionen Kindern in Deutschland den Vorzug?  Zu diesen Punkten hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Zeitschrift Eltern 1.000 erziehungsberechtigte Mütter und Väter befragt.

Die Ergebnisse der Studie belegen zunächst, daß sich das Wahlverhalten von Eltern entgegen landläufigen Vermutungen nur wenig vom Wahlverhalten des „Durchschnittsbürgers“ unterscheidet. Bei einer Bundestagswahl, in der lediglich die Eltern von Kindern unter 18 Jahren stimmberechtigt wären, würden zwar SPD und Grüne ein wenig besser abschneiden, Linkspartei und FDP hingegen ein wenig schlechter und die Union auf gleichem Niveau. Letztlich können diese Abweichungen jedoch vernachlässigt werden.

Dennoch kann aus diesem Resultat keineswegs geschlossen werden, daß die Mehrzahl der befragten Eltern keinen Bedarf für dringende Verbesserungen in der Familien- und Bildungspolitik sieht. Dabei steht insbesondere die schulische Bildung in der Kritik. So lehnen 91 Prozent der Mütter und Väter das bestehende föderale System ab und drängen auf deutschlandweit einheitliche Richtlinien. 68 Prozent bezeichnen das bestehende Schulsystem als veraltet. 57 Prozent sind der Meinung, daß in der Bildung zuviel von der Schule auf die Eltern abgewälzt wird, und 54 Prozent hadern mit dem Bildungssystem so sehr, daß sie ihre Kinder am liebsten auf eine Privatschule schicken würden, wenn sie über die dafür nötigen finanziellen Mittel verfügten. 81 Prozent der Befragten sind daher der Ansicht, daß eine Verbesserung des Schul- und Bildungssystems von der Politik mit Vorrang behandelt werden müsse.

Die meisten wünschen sich eine finanzielle Entlastung

Ein weiteres Top-Thema stellt für viele Eltern eine bessere finanzielle Förderung beziehungsweise Entlastung der Familien dar. Allerdings herrscht über die konkrete Art entsprechender staatlicher Maßnahmen keine Einigkeit, vielmehr richten sich die Präferenzen nach der Höhe des jeweiligen monatlichen Haushaltseinkommens. So fordern 42 Prozent der befragten Eltern mit einem geringen Einkommen eine Grundsicherung pro Kind in Höhe zwischen 300 und 400 Euro, 36 Prozent befürworten zudem ein höheres Kindergeld. Dagegen wäre für 31 Prozent der Eltern mit einem Nettoeinkommen von über 3.000 Euro ein höherer steuerlicher Freibetrag die bessere Alternative. Einig sind sich Gering- und Besserverdiener hingegen weitestgehend in der Ansicht, daß der Staat das Geld eher in eine bessere Bildung und Betreuung von Kindern investieren sollte, anstatt direkte Zahlungen an die einzelnen Familien deutlich zu erhöhen.

Auch die sogenannte „Kinderbetreuungsoffensive“ der schwarz-roten Bundesregierung weist in den Augen vieler Eltern noch gravierende Mängel auf. So halten 39 Prozent der Befragten das Angebot an Betreuungsplätzen in Deutschland weiterhin für viel zu gering. Insgesamt 72 Prozent der Befragten meinen, daß der 2006 beschlossene Ausbau der Kinderbetreuung bislang kaum Wirkung gezeigt habe. Lediglich sechs Prozent der Befragten gaben an, bereits eine deutliche Verbesserung festgestellt zu haben.

Warum wird all diese Kritik das Wahlergebnis am 27. September aller Voraussicht nach dennoch kaum beeinflussen? Die Antwort liegt – so läßt sich bei der Gesamtschau des Datenmaterials der vorliegenden Studie vermuten – darin, daß die Familien- und Bildungspolitik auch für Eltern nur einen von mehreren Faktoren darstellt, die bei der Stimmabgabe Berücksichtigung finden.

Lediglich 24 Prozent der Befragten gaben an, daß für sie das Thema Familie bei der Wahlentscheidung eine größere Bedeutung habe als andere aktuelle Problemfelder wie etwa die ökonomische Krise, die momentane Situation am Arbeitsmarkt sowie Fragen der inneren Sicherheit. Für 62 Prozent der Eltern genießt hingegen die Familienpolitik keine besondere Präferenz, und für 13 Prozent ist sie sogar vergleichsweise bedeutungslos.

Die Studie im Internet: www.eltern.de/familie-und-urlaub/familienleben/forsa-umfrage-eltern.html

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