© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/09 28. August 2009

Höhere Strafen bei rechtsextremen Taten
Schriller Pathos
von Günter Bertram

Ob die Justizminister von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wohl je einen Blick in das deutsche Strafgesetzbuch geworfen haben? Was sie mit schrillem Pathos fordern, ist – soweit verfassungsrechtlich zulässig – nach den „Grundsätzen der Strafzumessung“ ( § 46 Abs. 2) längst geltendes Recht: Beweggründe, Ziele, Gesinnung, Pflichtwidrigkeit usw. sind Gesichtspunkte, die der Richter seit eh und je bei seiner Strafzumessung zu berücksichtigen hat, allerdings ohne hierbei starren Regeln oder gar „Katalogen“ unterworfen zu sein.

Vermutlich verbirgt sich hinter den martialischen, weitschweifigen und revisionsrechtlich falschen Auslassungen der Minister die Absicht, dies zu ändern und den Gerichten von Gesetzes wegen ein Korsett zu verpassen, das diese auf eben die links/rechts-Asymmetrie und Parteilichkeit verpflichtet, die den Politikern selbst und ihren Claqueuren längst so in Fleisch und Blut übergegangen ist, daß sie den Widerspruch zwischen ihrer Anmaßung und der simplen Richterpflicht, unparteiisch, objektiv und gerecht zu urteilen und zu bestrafen, nicht mehr wahrnehmen können. Mit ihrem Vorstoß werden sie scheitern, weil und solange wir noch ein Rechtsstaat und kein reines Parteiunternehmen sind.

 

Günter Bertram war Vorsitzender Richter am Landgericht Hamburg.

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